Wie im letzten Abschnitt schon dargelegt wurde, ist die Verwaltung gem. Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Sie muss daher entsprechend der Rechtsnormen, die sie zu beachten hat, handeln bzw. darf – negativ ausgedrückt – keine gegen die zu beachtenden Vorschriften verstoßenden Maßnahmen treffen. Diesen Grundsatz nennt man Vorrang des Gesetzes. Verstößt sie hiergegen, ist ihr Verwaltungshandeln rechtswidrig.

Schwieriger ist die Frage, ob auch ein Vorbehalt des Gesetzes besteht, d.h. ob ein Handeln der Verwaltung auf ein Gesetz zurückzuführen sein muss oder ob die Verwaltung auch dann handeln darf, wenn die beabsichtigte Handlung nicht gesetzlich geregelt ist. Nach der herrschenden Meinung ist zumindest dann eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage notwendig, wenn das Verwaltungshandeln in Rechte des Bürgers eingreift, weil hierbei immer grundrechtlich gesicherte Rechtspositionen des Bürgers tangiert werden. Bei der Leistungsverwaltung, also z.B. der Gewährung staatlicher Subventionen für ein wirtschaftlich in Not geratenes Unternehmen, werden hingegen unmittelbar keine Rechtspositionen beeinträchtigt. Dennoch begründet eine Begünstigung bestimmter Personenkreise mittelbar oft eine rechtliche Benachteiligung anderer, z.B. die der Konkurrenzunternehmen. Trotzdem gilt im Bereich der Leistungsverwaltung kein Totalvorbehalt des Gesetzes. Das Bundesverfassungsgericht geht vielmehr mit dem sog. Wesentlichkeitsgrundsatz einen Mittelweg. Der Vorbehalt des Gesetzes umfasst demnach nicht nur die herkömmlichen eingreifenden Vorbehalte, sondern es müssen darüber hinaus alle wesentlichen Fragen vom Gesetzgeber selbst geregelt werden. Als wesentlich sind dabei Regelungen zu verstehen, die für die Verwirklichung von Grundrechten erhebliche Bedeutung haben. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass wichtige staatliche Entscheidungen aus einem Verfahren hervorgehen, das sich durch Transparenz auszeichnet, die Beteiligung der parlamentarischen Opposition gewährleistet und auch den Betroffenen und dem Publikum Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen zu bilden und zu vertreten. Ein Nachteil der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ihre Unbestimmtheit. Ob eine Maßnahme im Bereich der Leistungsverwaltung grundrechtswesentlich ist, kann nur im Einzelfall entschieden und gerichtlich überprüft werden. Grundsätzlich lässt sich aber festhalten, dass je bedeutsamer eine Angelegenheit für die Allgemeinheit oder den einzelnen Bürger ist, desto höhere Anforderungen an den Gesetzgeber zu stellen sind.

Zuletzt geändert: Dienstag, 15. Dezember 2009, 15:10