§ 11 Der öffentlich-rechtliche Vertrag nach Art. 54 ff. BayVwVfG

Die Handlungsmöglichkeiten der Verwaltung sind nicht auf den in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen Verwaltungsakt beschränkt. Die Behörden haben vielmehr die Möglichkeit sich einvernehmlich mit dem betroffenen Bürger zu einigen und einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit ihm abzuschließen. Bevor dessen Voraussetzungen näher erläutert werden, soll der Blick zunächst auf die rechtlichen Grundlagen und die Bedeutsamkeit vertraglicher Regelungen im öffentlichen Recht gerichtet werden.

I. Rechtsgrundlagen und Bedeutung

Die wichtigsten Regelungen zum öffentlich-rechtlichen Vertrag finden sich in Art. 54 ff. BayVwVfG. Dort werden nicht nur die grundlegenden Prinzipien festlegt, sondern es erfolgt in Art. 62 BayVwVfG auch eine zentrale Verweisung auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB. Es muss aber immer im Einzelfall geprüft werden, ob eine Analogie in Betracht kommt. Daneben sind aus dem BayVwVfG noch die Normen zur örtlichen Zuständigkeit (Art. 3 BayVwVfG) und zum Verwaltungsverfahren (Art. 9 ff. BayVwVfG) anwendbar, soweit sie sich nicht ausdrücklich auf den Verwaltungsakt beschränken (etwa Art. 28 BayVwVfG).

Daneben enthalten mehrere Gesetze Sonderregelungen zum öffentlich-rechtlichen Vertrag. Zum einen finden sich in den Verfahrensvorschriften des Sozialgesetzbuchs in §§ 53-61 SGB X Vorschriften über den Verwaltungsvertrag im Sozialrecht, die bis auf eine Ausnahme den Normen in Art. 54 ff. BayVwVfG entsprechen. Zum anderen ergeben sich auch im Baurecht Sondervorschriften zum Verwaltungsvertrag. Dort wird beispielsweise in § 11 BauGB bestimmt, welche Inhalte für einen städtebaulichen Vertrag in Frage kommen und welche weiteren Voraussetzungen der Vertrag erfüllen muss. Im Steuerrecht findet sich dagegen lediglich in § 78 der Abgabenordnung eine Regelung zum Verwaltungsvertrag. Jedoch sind auch hier nach allgemeinen Grundsätzen, das heißt soweit gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen, öffentlich-rechtliche Verträge möglich. So können zum Beispiel keine Verträge über die Festsetzung der Steuer abgeschlossen werden, da insoweit § 155 Abs. 1 der Abgabenordnung festlegt, dass der Steuerbescheid nur durch Verwaltungsakt ergehen kann. Eine vertragliche Regelung über die Art und Weise der Steuerzahlung ist hingegen durchaus möglich.

Wie sich im Umkehrschluss aus § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO ergibt, steht bei Streitigkeiten über Ansprüche aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag der Verwaltungsrechtsweg grundsätzlich offen. Insbesondere können hier Leistungsstörungsrechte wie etwa Schadensersatz aus vertraglicher Haftung entsprechend dem zivilrechtlichen Vertrag geltend gemacht werden. Für die Kündigung oder die Störung der Geschäftsgrundlage ist allerdings Art. 60 BayVwVfG zu beachten.

Der öffentlich-rechtliche Vertrag findet in der Verwaltung mehr und mehr Anwendung. Während früher seine Zulässigkeit noch umstritten oder zumindest begrenzt war, ist er heute allgemein anerkannt und ein dem Verwaltungsakt gleichberechtigtes Handlungsinstrument. Er ermöglicht der Verwaltung flexibel zu handeln und der Besonderheit atypischer Fälle gerecht zu werden. Die Verwaltung begibt sich auf eine Ebene mit dem Bürger und begreift diesen als selbstständiges Rechtssubjekt und Partner der Behörden. Der öffentlich-rechtliche Vertrag entspricht somit einer modernen Staatsverwaltung, die es dem Bürger erlaubt aktiv an der Ausgestaltung verwaltungsrechtlicher Rechtsverhältnisse mitzuarbeiten.

Gleichwohl ist der Anwendungsbereich des öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht unbegrenzt. Vielmehr ist die Verwaltung wie bei anderen Handlungsformen an Recht und Gesetz gebunden. Entgegen der im Zivilrecht geltenden Privatautonomie steht es der Verwaltung somit nicht in jedem Fall frei sich einer vertraglichen Regelung zu bedienen. In diesem Feld liegt daher in der Regel auch der Schwerpunkt der zu prüfenden Probleme eines öffentlich-rechtlichen Vertrags.

II. Begriff und Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen Vertrages

Der öffentlich-rechtliche Vertrag wird in Art. 54 S. 1 BayVwVfG legal definiert. Demnach versteht man unter einem Verwaltungsvertrag im Sinne der Art. 54 ff. BayVwVfG ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, das durch den Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben wird.

a) Für den Begriff des Vertrags gelten über Art. 62 S. 2 BayVwVfG die im Zivilrecht einschlägigen Grundsätze der §§ 145 ff. BGB. Folglich müssen zwei übereinstimmende, mit Bezug auf einander abgegebene Willenserklärungen (Angebot und Annahme) seitens der Vertragsparteien vorliegen. Die Erklärungen müssen darauf abzielen, eine von den Vertragspartnern beabsichtige rechtliche Wirkung herbeizuführen. Ohne diese Einigung kommt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nicht in Betracht. Der grundlegende Typus des öffentlich-rechtlichen Vertrags sieht demnach als Vertragspartner ein Rechtssubjekt des öffentlichen Rechts auf der einen und eine Privatperson auf der anderen Seite vor. So kann beispielsweise in einem Vertrag festgehalten werden, dass der Bürger sich zur Errichtung einer öffentlichen Straße auf seine Kosten verpflichtet und die Gemeinde ihm dafür eine Baugenehmigung für sein Vorhaben erteilt. Daneben besteht auch die Möglichkeit, dass ausschließlich Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts beteiligt sind. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Gemeinde mit einer anderen Gemeinde vertragliche Absprachen über den Betrieb einer öffentlichen Einrichtung trifft. Schließlich können auch zwei Privatpersonen einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen, wenn dies ausnahmsweise gesetzlich erlaubt ist. So bietet etwa § 110 BauGB im Enteignungsverfahren die Möglichkeit eines öffentlichen-rechtlichen Vertrages, wenn sowohl der Begünstigte und als auch der Betroffene Privatpersonen sind.

Am Begriff des Vertrages lässt sich der öffentlich-rechtliche Vertrag vom Verwaltungsakt abgrenzen. Während bei einem Verwaltungsakt die Behörde eine einseitige Verfügung erlässt, wird der öffentlich-rechtliche Vertrag im Einvernehmen zwischen der Privatperson und der Verwaltung abgeschlossen.

Daran ändert sich auch nichts, wenn es sich um einen zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakt handelt. Hier muss der Betroffene zwar seine Zustimmung zum Erlass des Verwaltungsakts geben. Die Behörde erlässt immer noch eine einseitige Regelung, da durch die Zustimmung nur erreicht werden soll, dass der Verwaltungsakt dem Bürger nicht aufgedrängt wird. Die Erklärung des Betroffenen ist demnach nur Rechtmäßigkeits- bzw. Wirksamkeitsvoraussetzung, nicht aber – wie beim öffentlich-rechtlichen Vertrag - Voraussetzung für das Vorliegen der Regelung und damit des Verwaltungsakts an sich. Im Einzelfall ist durch Auslegung des erklärten Willens der Beteiligten zu ermitteln, welcher Regelungstyp vorliegend angewandt wurde. Gleiches gilt entsprechend für die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichem Vertrag und der Zusage durch Verwaltungsakt.

Da die noch folgenden Merkmale auch beim Verwaltungsakt eingehalten werden müssen, bleibt die vertragliche Ausgestaltung einziges und damit entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen dem Verwaltungsakt und dem öffentlich-rechtlichen Vertrag.

b) Der öffentlich-rechtliche Vertrag bezieht sich nach Art. 54 BayVwVfG nur auf Rechtsverhältnisse, die auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts erfolgen. Bei diesem Merkmal gilt dasselbe, was zum Verwaltungsakt ausgeführt wurde (vgl. § 4 Kapitel VI). Ein Abschluss eines solchen Vertrages beschränkt sich daher auf die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit. Insbesondere sind staatsrechtliche Verträge, zum Beispiel zwischen dem Bund und den Ländern, und völkerrechtliche Verträge, etwa internationale Abkommen, nicht unter dem Begriff des öffentlich-rechtlichen Vertrags zu fassen. Auch kirchenrechtliche Verträge, sei es innerhalb der Kirchen, sei es mit dem Staat, fallen nicht in diese Kategorie.

Daneben wird der öffentlich-rechtliche Vertrag durch die Bezugnahme auf das öffentliche Recht vom zivilrechtlichen Vertrag abgegrenzt. Hier ist vor allem zu beachten, dass die Behörden sowohl öffentlich-rechtlich als auch zivilrechtlich tätig werden können (vgl. § 2). Demnach greifen bei der Abgrenzung vertraglichen Handelns die allgemeinen Grundsätze zwischen öffentlichem und privatem Recht. Die Rechtsnatur des Vertrages ist objektiv nach dessen Gegenstand zu klären. Der vertragliche Inhalt muss sich auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts bewegen. Die handelnden Rechtssubjekte allein geben somit keinen Aufschluss über den Gegenstand des Vertrages. Bei gemischten Verträgen ist nach der überwiegenden Ansicht eine einheitliche Betrachtungsweise heranzuziehen. Entscheidend für die Zuordnung zum Zivil- oder zum öffentlichen Recht ist daher der jeweilige Schwerpunkt des Vertrages. So ist ein Vertrag dem öffentlichen Recht zuzurechnen, wenn sich der Bürger zwar verpflichtet einen Geldbetrag an die Gemeinde zu leisten, im Gegenzug ihm aber eine Amtshandlung zugesagt wird. Die wesentliche Grundlage des Vertrags liegt hier in der behördlichen Handlung, so dass dessen Schwerpunkt als öffentlich-rechtlich anzusehen ist. Eine Mindermeinung will hingegen Mischverträge in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil aufspalten. Dies hätte aber die Anwendung unterschiedlicher Vorschriften und impraktikable Vorgänge zur Folge, weshalb dieser Ansicht nicht gefolgt werden sollte.

c) Letztes Kriterium des Art. 54 S. 1 BayVwVfG für das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ist die Begründung, Aufhebung oder Änderung eines Rechtsverhältnisses. Es können daher sowohl das erstmalige Zustandekommen als auch die inhaltliche Umgestaltung eines bestehenden sowie die Beseitigung eines Rechtsverhältnisses Vertragsgegenstand sein. Der Vertragsgegenstand kann materiell-rechtlicher, verfahrensrechtlicher oder prozessrechtlicher Art sein. Ein Rechtsverhältnis in diesem Sinne stellt einen konkreten Einzelfall dar, der sich auch auf künftige oder bloß mögliche Sachverhalte beziehen kann.

III. Arten öffentlich-rechtlicher Verträge

Das Verwaltungsrecht kennt unterschiedliche Arten öffentlich-rechtlicher Verträge. Zum einen muss zwischen subordinations- und koordinationsrechtliche Verträge differenziert werden. Zum anderen muss auch eine Abgrenzung von Verpflichtungs- und Verfügungsverträgen vorgenommen werden. Daneben werden abstrakte und kausale Verträge unterschieden. Schließlich gilt es noch die sogenannten „benannten“ Verträge in Art. 55 und 56 BayVwVfG zu untersuchen.

a) Subordinationsrechtliche Verträge sind durch ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Vertragspartnern geprägt. Die Regelung wird zwischen Behörden auf der einen und Privatpersonen oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf der anderen Seite getroffen. Ihnen liegt zu Grunde, dass sie an Stelle eines Verwaltungsakts mit dem Bürger abgeschlossen werden können. Der Vertrag kann sowohl als Ersatz für einen Verwaltungsakt dienen als auch Vorbereitungsmaßnahmen für einen Verwaltungsakt einleiten. Ein subordinationsrechtlicher Vertrag ist beispielsweise die vertragliche Verpflichtung der Behörden eine Baugenehmigung zu erteilen, um vom Betroffenen Bürger einen Bau einer Zufahrtsstraße zum Grundstück erhalten.

Koordinationsrechtliche Verträge werden dagegen zwischen gleichgeordneten Vertragspartnern, insbesondere mehreren öffentlichen Verwaltungsträgern, abgeschlossen. Sie beziehen sich auf Rechtsverhältnisse, die nicht durch Verwaltungsakt geregelt werden können. Ein koordinationsrechtlicher Vertrag liegt etwa dann vor, wenn zwei Gemeinden sich darüber einigen eine öffentliche Einrichtung gemeinsam zu betreiben. Daneben fallen unter diese Kategorie auch öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Privatpersonen (vgl. Kapitel II a).

Koordinationsrechtliche Verträge werden entgegen den subordinationsrechtlichen, auf die Art. 54 S. 2 BayVwVfG zumindest hinweist, nicht ausdrücklich im BayVwVfG erwähnt. Die Abgrenzung der beiden Vertragstypen ist jedoch allgemein anerkannt. Zu beachten ist, dass gewisse Vorschriften der Art. 55 ff. BayVwVfG ausdrücklich auf Art. 54 S. 2 BayVwVfG verweisen und daher nur bei subordinationsrechtlichen Verträgen Anwendung finden.

b) Verpflichtungs- und Verfügungsverträge sind nach ihrem Inhalt zu unterscheiden. Ein Verpflichtungsvertrag ist dann gegeben, wenn sich ein oder beide Vertragsparteien zu einer noch zu erbringenden Leistung verpflichten. Der jeweilige andere Vertragspartner hat dann einen Anspruch auf Erfüllung der Leistung. Ein Verfügungsvertrag liegt dagegen vor, wenn sich unmittelbar die Begründung, Aufhebung oder Änderung eines Rechtsverhältnisses aus dem Vertrag ergibt. In der Regel ist hierfür ein wirksamer Verpflichtungsvertrag notwendig. Die Verpflichtung kann sich aber auch aus einer gesetzlichen oder sonst begründeten Pflicht ergeben.

c) Abstrakte und kausale Verträge werden danach unterschieden, ob der Rechtsgrund im Vertrag als Bestandteil enthalten ist. Bei rechtswirksamen kausalen Verträgen beinhaltet der Vertrag den Rechtsgrund. Das heißt, wenn der Vertrag unwirksam ist, ist die Leistung rechtsgrundlos erfolgt und kann zurückgefordert werden. Dagegen liegt dem abstrakten Vertrag zu Grunde, dass er unabhängig von der Existenz eines kausalen Rechtsgeschäfts zu einer Leistung verpflichtet.

d) Daneben finden sich in Art. 55 und 56 BayVwVfG ausdrückliche Regelungen zu Vergleichs- und Austauschverträgen. Damit wird aber kein numerus clausus öffentlich-rechtlicher Verträge begründet, sondern nur der Häufigkeit der Formen Rechnung getragen. Sie beziehen sich beide auf Art. 54 S. 2 BayVwVfG und sind daher grundsätzlich nur bei subordinationsrechtlichen Verträgen unmittelbar anwendbar. Daneben gehen sie Art. 54 S. 1 BayVwVfG als lex specialis vor, sind aber auch nur zulässig, wenn die Vertragsform überhaupt gestattet ist. In der Regel werden beide Vertragstypen als Verpflichtungsverträge ausgestaltet.

Ein Vergleichsvertrag im Sinne des Art. 55 BayVwVfG liegt dann vor, wenn durch gegenseitiges Nachgeben der Vertragspartner eine bestehende Ungewissheit beseitigt wird. Demnach ist Voraussetzung, dass tatsächliche bzw. rechtliche Gesichtspunkte ungewiss sind und diese Unsicherheit nicht oder nicht ohne weiteres beseitigt werden kann. Weiterhin müssen beide Vertragspartner Zugeständnisse machen, um die Situation letztendlich zu bereinigen. Beispielsweise ist ein Vergleichsvertrag gegeben, wenn nicht klar ist, ob dem Bürger ein Anspruch auf 1000 oder 2000 € gegen die Behörde zusteht und sich die Beteiligten daraufhin auf einen Anspruch in Höhe von 1500 € einigen.

Bei einem Austauschvertrag im Sinne des Art. 56 BayVwVfG erbringt zumindest ein Vertragspartner eine öffentlich-rechtliche Leistung, um vom anderen eine bestimmte Gegenleistung zu erhalten, an der ein Verwaltungsinteresse besteht. Es werden demnach beide Parteien gegenseitig verpflichtet, wobei kein synallagmatisches Verhältnis im Sinne der §§ 320 ff. BGB vorliegen muss. Der Austauschvertrag ist nur unter den Voraussetzungen zulässig, dass die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck vereinbart ist, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient, angemessen ist und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung steht. Dieses sogenannte Kopplungsverbot soll verhindern, dass ein Ausverkauf von Hoheitsrechten stattfindet. Ein Fall des Austauschvertrages liegt etwa vor, wenn der Bauherr einen Parkplatz errichtet und die Gemeinde ihm dafür nach § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung vom Bebauungsplan erteilt (sogenannter Baudispensvertrag).

Nachdem die Grundlagen des öffentlich-rechtlichen Vertrages erörtert wurden, sollen im weiteren Verlauf die rechtlichen Voraussetzungen und die Konsequenzen ihrer Missachtung erläutert werden.

IV. Rechtmäßigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages

Der öffentlich-rechtliche Vertrag ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die sich nicht in Fragen der Zulässigkeit der Vertragsform erschöpfen. Vielmehr ist wie beim Verwaltungsakt auf die formelle und materielle Rechtmäßigkeit einzugehen. Zunächst ist daher auf die Besonderheiten des öffentlich-rechtlichen Vertrags im Rahmen der Zuständigkeit, des Verfahrens und der Form einzugehen.

a) Zuständigkeit

Die Verwaltung ist auch beim Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags an die gesetzlichen Kompetenzvorgaben gebunden. Diese richten sich nach den allgemeinen Regeln, so dass insoweit auf die Ausführungen zum Verwaltungsakt verwiesen werden kann. (vgl. § 5 Kapitel I).

b) Verfahren

Die Regelungen über das Verwaltungsverfahren in den Art. 9 ff. BayVwVfG sind bei öffentlich-rechtlichen Verträgen insoweit anwendbar (vgl. dazu § 5 Kapitel II), solange sie sich nicht ausdrücklich auf den Verwaltungsakt beschränken. So findet etwa keine Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG statt, da diese Vorschrift das Vorliegen eines Verwaltungsakts voraussetzt.

Daneben enthält Art. 58 BayVwVfG eine besondere Verfahrensregel für öffentlich-rechtliche Verträge. Demnach bedarf ein Vertrag nach Art. 58 Abs. 1 BayVwVfG dann der schriftlichen Zustimmung eines Dritten, wenn er in dessen Rechte eingreift. Ein Vertrag zu Lasten eines unbeteiligten Dritten ist wie ein drittbelastender Verwaltungsakt von dem Einverständnis des Betroffenen abhängig. Relevant wird dies beispielsweise, wenn sich die Baubehörde in einem Baudispensvertrag zum Erlass eines Baugenehmigung nach § 31 Abs. 2 BauGB verpflichtet, der in die Rechte des Nachbarn eingreift. Hier müssen die Rechte des Nachbarn gewahrt werden, was zur Folge hat, dass der Nachbar seine Zustimmung zu diesem Vertrag erklären muss.

Dies gilt nach Art. 58 Abs. 2 BayVwVfG auch, falls eine andere Behörde mitwirkungsberechtigt ist. Als Beispiel kann das gemeindliche Einvernehmen in § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB angeführt werden. Hier muss die Gemeinde ihre Zustimmung zur Baugenehmigung gegenüber der Baubehörde erklären, wenn diese sich vertraglich zum Erlass der Baugenehmigung verpflichtet hat. Da ohne das Einvernehmen die Baugenehmigung nicht erteilt werden darf, muss die Gemeinde auch bei einer vertraglichen Verpflichtung zustimmen.

Art. 58 BayVwVfG ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertrags. Soweit eine Zustimmung noch nicht erfolgt ist, ist der öffentlich-rechtliche Vertrag daher schwebend unwirksam. Wenn sie gänzlich unterblieben ist, führt dies zur Nichtigkeit des Vertrages (vgl. dazu Kapitel V).

c) Form

Anders als die formlos möglichen Verwaltungsakte (vgl. Art. 37 Abs. 2 BayVwVfG) bedürfen öffentlich-rechtliche Verträge nach Art. 57 BayVwVfG grundsätzlich der Schriftform. Wie sich aus Art. 62 S. 2 BayVwVfG i.V.m. § 126 BGB ergibt, müssen dazu beide Vertragspartner auf einem Schriftstück handschriftlich unterschreiben. Das Schriftformerfordernis schließt eine strengere Form aber nicht aus, wie sich aus Art. 57 Hs. 2 BayVwVfG ergibt. So sind etwa öffentlich-rechtliche Verträge über Grundstücke nach Art. 62 S.2 BayVwVfG i.V.m. § 311 b Abs. 1 BGB notariell zu beurkunden. Zu beachten ist, dass bei alltäglichen Massengeschäften der Verwaltung, wie etwa der Eintritt in ein Museum, ein schriftlicher Vertrag durch die Satzung ausgeschlossen sein kann. In der Regel dürfte in der Benutzungsabrede auch kein öffentlich-rechtlicher Vertrag gesehen werden, sondern nur ein Verwaltungsakt auf Zugang zu der öffentlichen Einrichtung.

Ein Verstoß gegen das Schriftformgebot führt gemäß Art. 59 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 125 S. 1 BGB zur Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags (vgl. dazu Kapitel V).

Die sich anschließenden Fragen der materiellen Rechtmäßigkeit lassen sich im Wesentlichen auf Art. 54 S. 1 BayVwVfG zurückführen. Die Norm gibt der Verwaltung ausdrücklich die gesetzliche Ermächtigung zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge, solange Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Der öffentlich-rechtliche Vertrag steht folglich nicht unter dem Vorbehalt des Gesetzes, sondern er hat nur den Vorrang des Gesetzes zu beachten. Für die Prüfung hat dies zur Konsequenz, dass allein geklärt werden muss, ob der öffentlich-rechtliche Vertrag im Einklang mit dem geltenden Recht steht.

In der Folge ist daher zunächst darauf einzugehen, ob die Verwaltung überhaupt durch öffentlich-rechtlichen Vertrag handeln durfte. Danach ist zu prüfen, ob Vorschriften des BayVwVfG, insbesondere die besonderen Vertragsregelungen für Vergleichs- und Austauschverträge in Art. 55 und 56, sowie weiterer Normen des Verwaltungs- und Verfassungsrechts außerhalb des BayVwVfG inhaltlich entgegenstehen.

d) Zulässigkeit der Handlungsform

Grundsätzlich steht es nach Art. 54 S. 1 BayVwVfG im Ermessen der Behörde, ob sie nach sachgerechter Abwägung im Einzelfall mittels eines Vertrags handelt. Dies gilt, solange nicht das Gesetz die Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag, für unanwendbar erklärt, wie es sich beispielsweise in Art. 2 Abs. 3 Nr. 2 BayVwVfG für Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen findet. Es genügt daher nicht, wenn im Gesetz der Verwaltungsakt als mögliches Handlungsinstrument genannt wird. Entgegenstehende Rechtsvorschriften im Sinne des Art. 54 S. 1 BayVwVfG umfassen aber nicht nur ausdrückliche Verbote, wie etwa die unzulässige vertragliche Verpflichtung einer Gemeinde zur Aufstellung eines Bauleitplans in § 1 Abs. 3 BauGB, sondern auch Normen, die nach ihrem Sinn und Zweck die Form des öffentlich-rechtlichen Vertrags ausschließen. Zum Beispiel ist die Ernennung eines Beamten oder die Einbürgerung eines Asylbewerbers aufgrund ihrer weitreichenden Entscheidung in vertraglicher Form nicht erlaubt. Dies lässt sich aus den jeweils einschlägigen Vorschriften im Beamten- bzw. Einbürgerungsrecht ersehen. Die Behörde kann insbesondere dann keinen Vertrag mit dem Bürger abschließen, wenn das Gesetz das Handeln durch Verwaltungsakt ausdrücklich vorschreibt oder sich ein solches aus den Umständen ergibt. So sieht beispielsweise § 155 Abs. 1 AO für die Festsetzung der Steuerlast ausdrücklich einen Verwaltungsakt vor.

Ein Verstoß gegen ein Formverbot führt gemäß Art. 59 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 134 BGB zur Nichtigkeit des Vertrages (vgl. dazu Kapitel V).

e) Vereinbarkeit mit Art. 55 BayVwVfG

Bei Vergleichsverträgen sind die gesetzlichen vorgeschriebenen Voraussetzungen einzuhalten (vgl. Kapitel III d). Die Rechtmäßigkeit des Vertrages ist demnach gewahrt, wenn dem Vertrag ein gegenseitiges Nachgaben zu Grunde liegt, um eine rechtliche oder sachliche Ungewissheit zu beseitigen. Dies kann unter Umständen zur Folge haben, dass sich später die wirkliche Rechts- oder Sachlage doch noch herausstellt und der Vertrag mithin rechtswidrig wäre. Dies wird jedoch beim Vergleichsvertrag hingenommen, um einer langwierigen Untersuchung oder einem gerichtlichen Prozess vorzubeugen. Aus diesem Grund führt ein Verstoß gegen die Voraussetzungen des Art. 55 BayVwVfG nach Art. 59 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG ausnahmslos zur Nichtigkeit des Vertrages.

f) Vereinbarkeit mit Art. 56 BayVwVfG

Für die Rechtmäßigkeit eines Austauschvertrages muss die Gegenleistung des Vertragspartners für einen bestimmten Zweck und zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vereinbart werden. Diese Voraussetzungen sind meist ohne weiteres gegeben, da der Verwaltung die Erfüllung öffentlicher Aufgaben obliegt. Weiterhin muss die Gegenleistung nach Art. 56 Abs. 1 S. 2 BayVwVfG in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen. Hier ist insbesondere zu beachten, dass die Leistung der Verwaltung meist in einer nicht bezifferbaren Genehmigung liegt und ein Vergleich von Leistung und Gegenleistung kaum möglich ist. In der Regel kann aber von der Angemessenheit ausgegangen werden, da sich der Vertragspartner bewusst auf den Vertragsschluss eingelassen hat. Schließlich gemäß muss Art. 56 Abs. 1 S. 2 BayVwVfG ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Leistung der Behörde und der Gegenleistung bestehen. Hier liegt regelmäßig der Schwerpunkt der Prüfung. Das sogenannte Kopplungsverbot schließt eine sachfremde Gegenleistung aus. Es genügt daher nicht, dass der Betroffene sich nur zu einer Geldleistung verpflichtet. Vielmehr muss die Verwendung eventuell zu leistender finanzieller Mittel an eine bestimmte öffentliche Aufgabe gebunden sein. So kann für die Erteilung einer Baugenehmigung beispielsweise kein Zuschuss für den Bau eines Kindergartens als Gegenleistung vereinbart werden. Ein Zusammenhang besteht hingegen dann, wenn die bereitgestellten finanziellen Mittel zur Erschließung des Grundstücks verwendet werden. Zu beachten ist, dass Art. 56 Abs. 2 BayVwVfG für den Fall, dass ein Anspruch auf die behördliche Leistung besteht (gebundene Entscheidung), festlegt, dass nur Gegenleistungen zulässig sind, die auch bei einem Verwaltungsakt als Nebenbestimmung ergehen könnten. Bei einer Baugenehmigung könnte beispielsweise nur eine Gegenleistung vereinbart werden, die auch nach Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG möglich wäre. Es müsste sich um eine Vereinbarung handeln, die die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sicherstellen will. Ein finanzieller Zuschuss für die Erschließung des Grundstücks ist daher als Gegenleistung zulässig, da die Erschließung nach dem §§ 29 ff. BauGB Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung ist. Dagegen kann eine Verpflichtung zum Bau eines Stellplatzes nicht vereinbart werden, da dies – zumindest im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO – nicht Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung ist.

Ein Verstoß gegen die Voraussetzungen des Art. 56 BayVwVfG führt nach Art. 59 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG zur Nichtigkeit des Vertrages.

g) Verstoß gegen Normen außerhalb des BayVwVfG

Der öffentlich-rechtliche Vertrag darf auch Vorschriften außerhalb des BayVwVfG nicht widersprechen. Insoweit darf also kein Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Vorgaben oder Verfassungsrecht bestehen, um dem Vertrag Rechtmäßigkeit zu verleihen.

Hier gilt es zunächst zwischen einer im Ermessen stehenden und einer gebundenen Entscheidung der Verwaltung zu unterscheiden. Bei einer Ermessensentscheidung steht es der Behörde grundsätzlich frei, ihren Spielraum im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags auszureizen. Allerdings muss die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens eingehalten werden. Es dürfen folglich keine fehlerhaften Ermessensentscheidungen getroffen werden. Bei einer bindenden Entscheidung ist der Handlungsbereich der Verwaltung beschränkt. Sie kann zwar einen öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbaren, hat sich aber zwingend an die gesetzlich vorgegebenen Regelungen zu halten. Auch das Einverständnis des Betroffenen reicht zur Rechtfertigung einer Abweichung nicht aus.

Bei Eingriffen in Grundrechte ist zu prüfen, ob auf das betroffene Recht verzichtet werden kann oder ob es zwingend eingehalten werden muss. Ein Verzicht ist dann möglich, wenn er auch einseitig erklärt werden könnte. Eine staatliche Maßnahme, die mit dem zulässigen Einverständnis des Betroffenen erfolgt, stellt dementsprechend keinen Eingriff dar. Hier ist jeweils auf das im Einzelfall betroffene Grundrecht und dessen Funktion abzustellen. Beim öffentlich-rechtlichen Vertrag werden insbesondere die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und die Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG) als disponibel angesehen. Hier wird dem Bürger ein weiter Spielraum auf den Verzicht eines Grundrechts zugestanden, da er durch die Vorschriften der Art. 54 ff. BayVwVfG hinreichend geschützt wird.

V.Fehlerfolgen bei Rechtswidrigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages

Wurden Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags missachtet, stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen durch diese Verletzung ausgelöst werden. Hier ist zunächst - wie auch beim Verwaltungsakt (vgl. § 6) – zwischen der Rechtswidrigkeit und der Rechtswirksamkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags zu unterscheiden, bevor auf die einzelnen Nichtigkeitsgründe und deren Folgen eingegangen werden kann.

a) Rechtswirksamkeit und Rechtswidrigkeit

Rechtswirksamkeit und Rechtswidrigkeit sind – wie beim Verwaltungsakt – getrennt betrachten und ziehen unterschiedliche Konsequenzen nach sich. Grundsätzlich kommt es für das Bestehen und der Durchsetzbarkeit vertraglicher Ansprüche lediglich darauf an, ob der öffentlich-rechtliche Vertrag rechtswirksam ist, nicht hingegen darauf, ob er rechtmäßig ist. Dies kann im Umkehrschluss zu Art. 59 BayVwVfG ersehen werden, der nur bei gewissen Rechtsverstößen die Nichtigkeit des Vertrages bestimmt. Die Rechtswidrigkeit an sich hat also keine unmittelbaren Folgen. Die einzige Fehlerfolge eines rechtswidrigen Vertrags ist dessen Nichtigkeit, soweit Art. 59 BayVwVfG diese Konsequenz vorsieht. Es kann demnach rechtswidrige wirksame Verträge geben, die anders als beim Verwaltungsakt nicht mehr durch den Betroffenen angefochten oder durch die Behörde aufgehoben werden können.

Zu beachten ist, dass stattdessen eine Anfechtung über Art. 62 S. 2 BayVwVfG, §§ 119 ff. BGB möglich ist, da dies gemäß Art. 59 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 142 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages führt. Daneben kann die Behörde unter den engen Voraussetzungen des Art. 60 Abs. 1 S. 2 BayVwVfG den Vertrag kündigen, falls sich aus den dem Vertrag zu Grunde gelegten Bedingungen ergibt, dass schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu erwarten sind.

Die Regelung des Art. 59 BayVwVfG trifft somit einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 III GG) und dem Vertrauensschutz in die Verbindlichkeit des Vertrages („pacta sunt servanda“). Zum einen werden schwerwiegende Verstöße über Art. 59 BayVwVfG geahndet. Zum anderen bleibt der öffentlich-rechtliche Vertrag aber bei anderen Rechtswidrigkeitsgründen bestehen und stellt Rechtssicherheit her.

Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit eines Anspruchs ist folglich das Nicht-Vorliegen von Nichtigkeitsgründen. Ob der Anspruch tatsächlich bestand hat oder entfällt, richtet sich allein danach, ob die Rechtswidrigkeit des Vertrags auch zu dessen Nichtigkeit führt. Dies ist abschließend in Art. 59 BayVwVfG geregelt und soll im Folgenden näher erläutert werden.

b) Nichtigkeitsgründe

1) Art. 59 Abs. 2 BayVwVfG ist vorrangig zu prüfen, wenn ein subordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher Vertrag vorliegt. Hier werden spezifische Nichtigkeitsgründe genannt, die nur für diesen Vertragstypus in Betracht kommen. In Nr. 1 wird auf die Nichtigkeitsregelung gemäß Art. 44 BayVwVfG verwiesen. Falls ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre, führt dies auch zur Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags. Nr. 2 bestimmt die Nichtigkeit für den Fall, dass ein entsprechender Verwaltungsakt rechtswidrig wäre, die Rechtswidrigkeit nicht auf einem Verfahrens- oder Formfehler im Sinne des Art. 46 BayVwVfG beruht und beiden Vertragspartner dies bekannt war. So will der Gesetzgeber verhindern, dass bewusst und gewollt gesetzliche Vorschriften umgangen werden. Nach Nr. 3 tritt die Nichtigkeit dann ein, wenn die entsprechenden Voraussetzungen für einen Vergleichsvertrag nicht vorlagen (vgl. dazu Kapitel IV). Entsprechendes legt Nr. 4 zum Austauschvertrag fest, wenn hier eine unzulässige Gegenleistung versprochen wurde (vgl. auch Kapitel IV). Nr. 3 und Nr. 4 dienen somit dazu, die besonderen Voraussetzungen der Art. 55 und 56 BayVwVfG zu garantieren.

2) Art. 59 Abs. 1 BayVwVfG gilt sowohl für koordinationsrechtliche als auch, zusätzlich zu Art. 59 Abs. 2 BayVwVfG, für subordinationsrechtliche öffentlich-rechtliche Verträge. Die Vorschrift verweist generell auf die entsprechend anzuwendenden BGB-Vorschriften zur Nichtigkeit. Daher ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zum Beispiel dann nichtig, wenn er gegen die gute Sitten verstößt (vgl. § 138 BGB). Weiterhin greift der Nichtigkeitsgrund der Geschäftsunfähigkeit nach § 104 BGB ein, wenn diese in einer der beteiligten natürlichen Personen vorliegt. Daneben führt die Missachtung einer Formvorschrift zur Nichtigkeit des Vertrages (§ 125 S.1 BGB). Dies gilt sowohl für die Schriftform nach Art. 57 BayVwVfG als auch für weitergehende Formvorschriften des BGB, die zum Beispiel in § 311 b Abs. 1 bei Grundstücksgeschäften die notarielle Beurkundung voraussetzen. Ferner wird von der Verweisung auch die Möglichkeit der Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB mit umfasst. Demnach ist ein öffentlich-rechtliche Vertrag dann nichtig, wenn einer der Vertragsparteien seine Erklärung wegen Irrtums (§ 119 BGB), falscher Übermittlung (§120 BGB) oder arglistiger Täuschung bzw. Drohung (§ 123 BGB) angefochten hat.

Umstritten ist insoweit die Anwendung des § 134 BGB. Würde er mit all seiner Konsequenz von der Verwaltung befolgt werden, wären alle rechtswidrigen öffentlich-rechtlichen Verträge als nichtig anzusehen. Dem Grunde nach ist dies zwar mit der Rechtsordnung vereinbar, da die Behörden die Gesetze beachten müssen und ihnen folglich ein gesetzeswidriges Verhalten untersagt ist (Vorrang des Gesetzes). Art. 59 Abs. 2 BayVwVfG käme dann aber keine Funktion mehr zu und das gesetzgeberische Anliegen, nicht alle Rechtsverstöße für nichtig zu erklären, würde konterkariert. Auf der anderen Seite führt auch eine völlige Unanwendbarkeit des § 134 BGB zur problematischen Folge, dass teilweise schwerste Rechtsfehler nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages führen. Eine derartige Handhabe der verfassungsrechtlichen Bindung der Verwaltung an das Gesetz ist aber in diesem großen Umfang nicht möglich.

Im Ergebnis sind sich Literatur und Rechtsprechung daher einig, § 134 BGB grundsätzlich für anwendbar zu halten. Es soll nicht jeder Fall der Rechtswidrigkeit von der Vorschrift umfasst sein. Vielmehr muss ein qualifizierter Rechtsverstoß vorliegen, der sich nach den Kriterien der Erheblichkeit des Fehlers, dem Wortlaut bzw. Zweck der zu schützenden Norm und dem Interesse der Vertragspartner an einem Bestehen oder Nicht-Bestehen des Vertrages bemisst. Es ist folglich eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen. Insbesondere ist dabei darauf zu achten, ob lediglich eine Vertragsmodalität verletzt wurde, was keinen qualifizierten Verstoß darstellen soll, oder ob der Vertragsinhalt der Rechtsordnung grundlegend widerspricht, was aufgrund der Schwere des Verstoßes die Nichtigkeit des Vertrags zur Folge hat.

Zu den Verbotsgesetzen des § 134 BGB wird nach der herrschender Auffassung auch das Vertragsformverbot in Art. 54 S. 1 BayVwVfG gerechnet. Ein Verstoß gegen die Vorschrift führt daher immer zur Nichtigkeit des Vertrages nach Art. 59 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 134 BGB.

Schließlich werden zwingende Vorschriften des Europäischen Rechts unter § 134 BGB gefasst. Dem liegt zu Grunde, dass das Gemeinschaftsrecht effektiv durchgesetzt werden muss (sogenannter effet utile) und kein Raum für eine Abwägung bleibt. Die Missachtung der Normen hat demnach die Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags nach Art. 59 Abs. 1 BayVwVfG zur Folge. Als Beispiele können die Regelungen zur Gewährung von nationalstaatlichen Subventionen in Art. 87, 88 EGV oder das allgemeine Diskriminierungsverbot in Art. 10 EGV genannt werden.

c) Folgen der Nichtigkeit

Grundsätzlich führt die Nichtigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrags dazu, dass die vertraglichen Verpflichtungen oder Verfügungen keine rechtliche Wirkung entfalten. Die Vertragsparteien müssen demnach weder die eigene Leistung erfüllen noch können sie die Gegenleistung einfordern.

Ein aufgrund des nichtigen Vertrags erlassener Verwaltungsakt ist rechtswidrig und wird nach den allgemeinen Regeln über die Fehlerfolgen bei Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts behandelt (vgl. § 6).

Sind schon Leistungen aufgrund des Vertrages erbracht worden, sind diese zurückzugewähren. Der Vertragspartei, die die Leistung getätigt hat, steht insoweit ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Dieser richtet sich nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung in den §§ 812 ff. BGB. Die Vorschriften sind aber nicht analog anzuwenden, sondern nur im Rechtsgedanken aufzugreifen. Nötig für einen Anspruch sind daher eine Vermögensverschiebung aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses, die ohne rechtlichen Grund – vorliegend der nichtige öffentlich-rechtliche Vertrag - erfolgt ist. Die Rückforderung kann unter Umständen jedoch der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten werden. Dies gilt etwa dann, wenn der Bürger sich auf den Wegfall der Bereicherung entsprechend § 818 Abs. 3 BGB stützen kann. Für die Verwaltung ist dieser Einwand gegenüber dem Bürger dagegen unzulässig, da für die öffentliche Hand der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung selbst dann gilt, wenn sie selbst etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat.

Ist nur ein Teil des öffentlich-rechtlichen Vertrags nichtig, greift Art. 59 Abs. 3 BayVwVfG ein. Der Vertrag ist als nichtig anzusehen, sofern nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen worden wäre. Entscheidend ist folglich der mutmaßliche Wille der Vertragsparteien.