§ 6 Fehlerfolgen bei Rechtswidrigkeit

Die Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Zum einen die Verfahrens- und Formfehler, die größtenteils heilbar sind. Zum anderen die materiellen Fehler, die teilweise zur Rechtsunwirksamkeit und damit Nichtigkeit führen, teilweise aber auch in Bestandskraft erwachsen können und damit rechtswirksam werden. Die Fehlerebene ist dabei streng von der Rechtsfolgenseite zu trennen. Im Folgenden soll daher zunächst eine Abgrenzung der Begrifflichkeiten den Einstieg weisen.

I. Rechtswirksamkeit und Nichtigkeit eines Verwaltungsakts

a) Ein Verwaltungsakt wird gemäß Art. 43 I BayVwVfG mit seiner Bekanntgabe an den Betroffenen wirksam, solange er nicht nichtig ist, vgl. Art. 43 III BayVwVfG (näher dazu Kapitel V). Die Bekanntgabe richtet sich dabei nach Art. 41 BayVwVfG und, soweit die förmliche Zustellung gesetzlich vorgegeben ist, nach dem BayVwZVG, vgl. Art. 41 V BayVwVfG. Solange die Bekanntgabe noch nicht erfolgt ist, existiert rechtlich gesehen kein Verwaltungsakt. Mehreren Adressaten ist der Verwaltungsakt jeweils individuell bekannt zu geben, außer es ist die öffentliche Bekanntgabe nach Art. 41 III, IV BayVwVfG zugelassen, zum Beispiel bei der Allgemeinverfügung (vgl. § 4 Kapitel X). Dagegen bleibt eine Verletzung von Formvorschriften für die Wirksamkeit des Verwaltungsakts unbeachtlich, kann aber Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit haben (vgl. § 5 Kapitel III).

b) Die Rechtswirksamkeit eines Verwaltungsakts ist strikt abzugrenzen von seiner Rechtmäßigkeit. Die rechtlichen Wirkungen kommen entgegen der Rechtmäßigkeit erst auf der Rechtsfolgenebene zum Tragen. Sie bringen zum Ausdruck, dass dem Inhalt des Verwaltungsakts ab sofort uneingeschränkte Geltung zukommt. Kennzeichnend hierfür ist das Begriffspaar rechtswirksam-nichtig (=rechtsunwirksam). Dagegen entscheidet sich die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bereits auf der Tatbestandsebene. Dabei muss geprüft werden, ob der Verwaltungsakt mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Rechtswidrigkeit tritt dann ein, wenn der Verwaltungsakt nicht alle Anforderungen erfüllt, die die Rechtsordnung an ihn stellt (vgl. § 5). Charakteristisch ist das Begriffspaar rechtmäßig-rechtswidrig.

Die Rechtswirksamkeit eines Verwaltungsakts bestimmt sich folglich unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit. Entscheidend ist nicht wie bei Gesetzen oder Verträgen die Rechtswidrigkeit, sondern, wie schon Art. 43 I, III BayVwVfG festlegt, allein die Bekanntgabe und das Nicht-Vorliegen schwerwiegender und offenkundiger Fehler, die unmittelbar zur Nichtigkeit führen würden. Folglich kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt sehr wohl rechtswirksam sein, etwa dann, wenn kein Rechtsmittel eingelegt wird oder die Frist dafür abgelaufen ist. Auf der anderen Seite kann ein nichtiger Verwaltungsakt nie rechtmäßig sein, sondern ist immer rechtswidrig.

c) Die Rechtswirksamkeit eines Verwaltungsakts kann sich daneben zeitlich verschieben, wenn der Verwaltungsakt etwa erst nach einer gewissen Frist(Befristung) oder einem Ereignis(Bedingung) wirksam werden soll. Dies gilt natürlich auch umgekehrt, wenn der Verwaltungsakt zum Beispiel nach einem Ereignis oder einem Termin seine Wirksamkeit verlieren soll.

d) Zudem wird die Rechtswirksamkeit eines Verwaltungsakts durch die Einlegung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage nach § 80 I VwGO gehemmt, da den Rechtsmitteln insoweit aufschiebende Wirkung zukommt. Die Rechtsbehelfe müssen allerdings innerhalb einer Monatsfrist ab Bekanntgabe gemäß §§ 70 I, 74 I VwGO erhoben werden, wenn nicht eine fehlerhafte Belehrung zur Jahresfrist nach § 58 II VwGO führt. Der sogenannte Suspensiveffekt des § 80 I VwGO verhindert, dass der Verwaltungsakt in seinen Rechtswirkungen verbindlich wird und vollzogen werden kann. Eine Ausnahme besteht dann, wenn gesetzlich oder behördlich die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet wird, vgl. § 80 II VwGO. Hier besteht aber die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 80 IV, V, 80 a VwGO, um die Wirksamkeit des Verwaltungsakts doch noch hinauszuzögern.

e) Die Rechtswirksamkeit eines Verwaltungsakts endet schließlich gemäß Art. 43 II BayVwVfG, wenn er sich von selbst erledigt, etwa durch Zeitablauf, oder wenn durch einen actus contrarius, zum Beispiel Widerruf oder Rücknahme, aufgehoben wird. Der actus contrarius -Grundsatz meint in diesem Zusammenhang, dass die Aufhebung der Ausgangshandlung wieder durch einen Akt der gleichen Rechtsnatur erlassen wird. So erfolgt etwa der Widerruf eines Verwaltungsakts ebenso durch einen Verwaltungsakt. Die Aufhebung ist somit selbst wieder an den Maßstäben des Art. 43 I BayVwVfG zu messen und kann daher unabhängig von der Ausgangshandlung rechtswirksam oder nichtig sein.

Im Anschluss sollen die einzelnen Fehlerfolgen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts dargestellt werden. Zunächst wird in Kapitel II auf die Anfechtbarkeit eingegangen werden, danach in Kapitel III auf die Folgen von Verfahrens- und Formfehlern. Daraufhin wird die Möglichkeit der Umdeutung in Kapitel IV näher erläutert. Ausführungen zur Nichtigkeit finden sich schließlich in Kapitel V. Auf die Rücknahme gemäß Art. 48 BayVwVfG wird im anschließenden § 7 gesondert Bezug genommen.

II. Anfechtbarkeit und Bestandskraft eines Verwaltungsakts

a) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht bereits aufgrund schwerwiegender Fehler nichtig ist und dessen Fehler auch nicht heilbar sind, kann durch den Adressaten oder einen sonst betroffenen Dritten innerhalb der Monats- oder Jahresfrist angefochten werden. Rechtsbehelfe hierfür sind die Anfechtungsklage und das Widerspruchsverfahren, das in Bayern jedoch aufgrund von Art. 15 II AGVwGO in der weit überwiegenden Zahl der Verfahren nicht mehr stattfindet. Nur in den begrenzten Fällen des Art. 15 I AGVwGO besteht noch eine fakultative, also auf Initiative des Bürgers beruhende Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Wird dem Rechtsmittel stattgegeben ist der Verwaltungsakt aufgehoben. Gegenstück zur Anfechtbarkeit ist somit die Aufhebbarkeit. Das Verwaltungsgericht oder die Widerspruchsbehörde kann den Verwaltungsakt in Folge der Anfechtung durch den Bürger beseitigen. Daneben besteht die Möglichkeit seitens der Verwaltung den Verwaltungsakt mittels Rücknahme oder – bei rechtmäßigen Verwaltungsakten - mittels Widerruf selbstständig, das heißt ohne Rechtsmittelverfahren, aufzuheben. Der Unterschied besteht folglich darin, dass die Anfechtung vom Betroffenen ausgeht, während die Aufhebung beim Verwaltungsgericht oder der zuständigen Behörde ihren Ursprung nimmt.

b) Eng verknüpft mit der Anfechtbarkeit ist die formelle Bestandskraft des Verwaltungsakts im verwaltungsrechtlichen Sinne. Formelle Bestandskraft bedeutet, dass der Verwaltungsakt nicht mehr mittels eines ordentlichen Rechtsbehelfs angegriffen werden kann. Sie führt somit zur Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts und tritt dann ein, wenn der Betroffene auf die Einlegung der Rechtsmittel verzichtet oder die Fristen hierfür abgelaufen sind. Die formelle Bestandskraft korreliert somit mit der formellen Rechtskraft im Prozessrecht, bei der ein Urteil nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, wenn die dafür vorgesehenen Fristen abgelaufen sind, ein Verzicht erklärt wurde oder der Rechtsweg erschöpft ist.

Der Begriff der Bestandskraft ist trotzdem, dass er sich bis auf die Überschrift vor den Art. 43 ff. nicht im BayVwVfG wiederfindet, allgemein anerkannt. Ziel dessen ist es für Rechtssicherheit und Klarheit im Verwaltungsverfahren zu sorgen, dem Verwaltungsakt auf Dauer Beständigkeit zuzuführen und dem Bürger Planungssicherheit zu geben.

c) Neben der formellen kennt das Verwaltungsrecht auch die materielle Bestandskraft des Verwaltungsakts. Darunter versteht man zum einen die Bindungswirkung des Verwaltungsakts. Die Behörde und der Bürger müssen sich an den Inhalt des Verwaltungsakts halten und können nicht einseitig von ihm abweichen. Die materielle Bestandskraft lässt sich so auf die Rechtswirksamkeit zurückführen und wirkt daher schon ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe. Wie gesehen bleibt aber selbst nach der Unanfechtbarkeit noch die Möglichkeit der Aufhebung durch Rücknahme und Widerruf seitens der Behörde. Der Betroffene selbst kann diese nicht vornehmen, obgleich er unter bestimmten Voraussetzungen von der Verwaltung verlangen kann, dass diese tätig wird. Die endgültige Bindungswirkung tritt daher erst dann ein, wenn eine Aufhebung auch durch Rücknahme oder Widerruf nicht mehr möglich ist.

Ebenso der materiellen Bestandskraft unterfällt die Tatbestandswirkung. Sie besagt, dass nicht nur der Bürger und die Ausgangsbehörde sondern die gesamte Staatsverwaltung die Festsetzungen des Verwaltungsakts einzuhalten haben. Dabei ist jedoch nur der Tenor, das heißt die Regelungsabsicht des Verwaltungsakts, verpflichtend, nicht jedoch die maßgebliche Begründung und die tatsächlichen bzw. rechtlichen Inhalte. Diese wird erst durch die Feststellungswirkung bestimmt und tritt nur ausnahmsweise dann ein, wenn sie gesetzlich angeordnet ist, zum Beispiel in § 4 AsylverfahrensG.

Nicht Bestandteil der materiellen Rechtskraft ist die Konzentrationswirkung eines Verwaltungsakts. Sie ist jedoch insoweit von der Tatbestands- und Feststellungswirkung abzugrenzen. Innerhalb der Konzentrationswirkung müssen die formelle und die materiellenKonzentrationswirkung unterschieden werden. Allgemein kommt das Prinzip zum Tragen, wenn mehrere Genehmigungen für einen Antrag notwendig sind. Dabei lässt die formelle Konzentrationswirkung die andere nötige Genehmigung entfallen, nicht aber deren inhaltliche Prüfung. Beispiel hierfür ist § 13 BImSchG, der die Baugenehmigung entfallen lässt, dafür aber über § 6 I Nr. 2 BImSchG eine Prüfung der Baurechtsvorschriften anordnet. Hingegen liegt eine materielle Konzentrationswirkung dann vor, wenn neben der Genehmigung auch die Prüfung der an sich einschlägigen Vorschriften entfallen. Eine solche Regelung findet sich etwa in § 38 BauGB, der die Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB komplett entfallen lässt.

Anders als die Tatbestands- oder Feststellungswirkung wirkt sich die Konzentrationswirkung nur auf Notwendigkeit der Prüfung einer anderen Behörde aus, nicht aber auf verbindliche Festsetzungen oder inhaltliche Vorgaben für eine andere Behörde.

III. Rechtsfolgen von Verfahrens- und Formfehlern

a) Im Gegensatz zu den eben dargestellten Folgen eines materiellen Fehlers besteht bei bestimmten formellen Fehlern die Möglichkeit der Heilung durch Nachholung nach Art. 45 BayVwVfG, um die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts doch noch herzustellen. Art. 45 I BayVwVfG bietet dazu einen abschließenden Katalog an Fehlern, bei denen dies möglich ist. So kann zum Beispiel die Anhörung nach Art. 28 I BayVwVfG später im Verfahren noch vorgenommen werden. Es genügt hier bereits, wenn er im Prozess vor dem Gericht gehört wird. Ebenso kann eine fehlende Begründung gemäß Art. 39 I BayVwVfG nachgeholt werden. Davon zu unterscheiden ist jedoch das Nachschieben von Ermessenserwägungen bzw. neuen Tatsachen. Diese spielen erst im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit bei den Ermessensfehlern eine Rolle (vgl. dazu § 5 Kapitel VI). Ein Nachholen der Begründung kommt daher nur in Betracht, wenn zuvor überhaupt keine oder eine formell ungenügende Begründung im Sinne des Art. 39 I BayVwVfG dem Verwaltungsakt beigefügt wurde.

Die Heilung kann gemäß Art. 45 II BayVwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eintreten. Die Behörde hat somit sogar bis zu einer Berufungsverhandlung Zeit eine entsprechende Handlung zu veranlassen.

Das Nachholen der Verfahrenshandlung macht den Fehler unbeachtlich. Im Ergebnis heißt das, dass der Verwaltungsakt rückwirkend zu einem formell rechtmäßigen Verwaltungsakt wird. Man kann somit davon sprechen, dass der Fehler ex-tunc beseitigt wird und die Heilung für die Vergangenheit zurück wirkt.

b) Art. 46 BayVwVfG bietet eine weitere Möglichkeit einem Verfahrens- oder Formfehler zu begegnen. Demnach kann der Verwaltungsakt nicht angefochten werden, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Möglichkeit besteht sowohl bei einer gebundenen Entscheidung als auch dann, wenn der Behörde ein Ermessen eingeräumt wurde. Die Vorschrift erklärt lediglich einen Fehler bei Verfahren, Form oder örtlicher Zuständigkeit für unbeachtlich, falls er nicht schon zur Nichtigkeit nach Art. 44 BayVwVfG des Verwaltungsakts führt oder gemäß Art. 45 BayVwVfG geheilt werden kann. In der Prüfungsreihenfolge sind daher zunächst Nichtigkeit und Heilung des Verwaltungsakts zu erörtern, um danach auf die Möglichkeit der Unbeachtlichkeit einzugehen. In Betracht kommt die Regelung beispielsweise bei der Mitwirkung eines befangenen Amtsträgers oder die unterbliebene Mitwirkung eines Dritten, wenn ihre Beteiligung sich in der Sache nicht auf den Verwaltungsakt ausgewirkt hat.

Zu beachten ist, dass die sachliche Zuständigkeit von dieser Vorschrift ausgenommen ist. Diesbezüglich kann ein Fehler nicht als unbeachtlich angesehen werden. Grund hierfür ist, dass eine andere Behörde für den Erlass des Verwaltungsakts zuständig ist und bei der Entscheidung womöglich andere Normen beachtet hätten werden müssen.

Weiterhin ist zu bemerken, dass Art. 46 BayVwVfG nicht wie die Heilung nach Art. 45 BayVwVfG zu einem rechtmäßigen Verwaltungsakt führt. Vielmehr bleibt der Verwaltungsakt rechtswidrig, nur scheidet eine subjektive Rechtsverletzung des Klägers aus. Die Unbeachtlichkeitsregelung wirkt somit nicht für die Vergangenheit zurück, sondern beschränkt lediglich den Kläger in seinen Rechten.

Dem Ganzen liegt zu Grunde, dass die Verwaltungsgerichte nicht mit unnötigen Verfahren belastet werden. Eine Entscheidung soll nicht allein wegen eines formellen Fehlers- bei materieller Richtigkeit- aufgehoben werden können, da die Behörde einen Verwaltungsakt gleichen Inhalts formgerecht sofort wieder erlassen könnte. Art. 46 BayVwVfG dient somit der Prozessökonomie.

IV. Umdeutung von Verwaltungsakten

Eine weitere Möglichkeit einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zu berichtigen, bietet die Umdeutung nach Art. 47 BayVwVfG. Der fehlerhafte Verwaltungsakt wird wie auch bei § 140 BGB in einen anderen, rechtmäßigen Verwaltungsakt umgewandelt. Die Umdeutung ist selbst kein Verwaltungsakt, sondern tritt kraft Gesetzes ein. Sie kann daher auch durch die Verwaltungsgerichte festgestellt werden.

Voraussetzung einer Umdeutung ist gemäß Art. 47 I BayVwVfG, dass der neue Verwaltungsakt denselben Interessen und Zielen dient wie der alte. Nicht erforderlich ist hingegen die komplette inhaltliche Übereinstimmung. Daneben muss der neue Verwaltungsakt alle formellen Voraussetzungen des ursprünglichen erfüllen. Konkret heißt das, dass das Verfahren und die Form eingehalten wurden und die Behörde auch für den Erlass des zweiten Verwaltungsakts zuständig war. Insbesondere muss der Adressat des ersten Verwaltungsakts nochmal angehört werden. Dazu bestimmt Art. 47 II BayVwVfG, dass eine Umdeutung dann nicht in Betracht kommt, wenn seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger sind. Unzulässig ist nach Art. 47 III BayVwVfG auch eine Umdeutung einer gebundenen Entscheidung in einen Ermessensverwaltungsakt. Grund hierfür ist, dass sich die Behörde immer ihrer Ermessensentscheidung bewusst sein muss, da sonst ein Ermessensfehler vorliegt und der Verwaltungsakt trotz Umdeutung nicht rechtmäßig wäre.

Ob daneben auch nichtige Verwaltungsakte umgedeutet werden können ist umstritten. Allerdings spricht mehr für die Möglichkeit, da die Rechtswidrigkeit für die Umdeutung entscheidend ist, nicht aber die Rechtswirksamkeit. Ein nichtiger Verwaltungsakt kann daher ebenso umgedeutet werden.

V. Nichtigkeit eines Verwaltungsakts

Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts bestimmt sich nach Art. 44 I BayVwVfG. Demnach muss ein Verwaltungsakt an einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden, um nichtig zu sein. Ein solcher Fehler ist dann anzunehmen, wenn die Verletzung in besonderem Widerspruch zur Rechtsordnung steht. Dazu muss dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich sein. Es müssen somit mehr als nur begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit vorliegen. Dem Verwaltungsakt muss es regelrecht „auf der Stirn geschrieben stehen“, es muss sich geradezu aufdrängen, dass ein nichtiger Rechtsakt vorliegt. Dabei ist auf die Sicht eines aufmerksamen und verständigen Durchschnittsbürgers abzustellen. Im Ergebnis heißt das aber nicht, dass jegliche Zweifel ausgeräumt werden müssen. Es muss nur für den Einzelfall genau geprüft werden, ob ein offenkundiger und schwerwiegender Fehler gegeben ist.

a) Dieser sogenannten Evidenztheorie liegt zu Grunde, dass die Rechtsordnung einen schwerwiegenden Verstoß nicht zu dulden vermag. Im Gegensatz zum bloß rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Verwaltungsakt wird der Verwaltungsakt erst gar nicht rechtswirksam. Hier überwiegt sozusagen der Schutz des Bürgers an einer rechtmäßigen Entscheidung vor dem Allgemeininteresse an Rechtssicherheit durch Bestandsschutz.

b) Bei der Prüfung der Nichtigkeit ist zunächst der Katalog des Art. 44 II BayVwVfG zu untersuchen. Hier sind die absoluten Nichtigkeitsgründe aufgeführt, die bei Vorliegen ohne weitere Prüfung zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts führen, zum Beispiel wenn die erlassende Behörde bei einem schriftlichen Verwaltungsakt nicht zu erkennen ist, vgl. Art. 44 II Nr. 1 BayVwVfG, oder der Landrat des Landkreises X eine Baugenehmigung für ein Grundstück erteilt, das im Landkreis Y liegt, vgl. Art. 44 II Nr.3. BayVwVfG.

Falls diese Vorschrift nicht einschlägig ist, ist danach auf Art. 44 III BayVwVfG einzugehen. Hier werden Fälle aufgelistet, bei denen eine Nichtigkeit nicht allein aus diesen Gründen anzunehmen ist, etwa falls eine Baugenehmigung ohne das gemeindliche Einvernehmen erteilt wurde, vgl. Art. 44 III Nr.4 BayVwVfG. Beim Hinzutreten weiterer Fehler kann der Verwaltungsakt aber durchaus gemäß Art. 44 I BayVwVfG nichtig werden.

Erst im Anschluss erfolgt die Prüfung der Generalklausel des Art. 44 I BayVwVfG. Hierbei ist explizit auf die Merkmale schwerwiegend und offenkundig einzugehen (vgl. dazu oben).

c) Ein nichtiger Verwaltungsakt entfaltet keinerlei Rechtswirkungen. Das heißt, weder der Bürger noch die Behörden sind an einen unwirksamen Akt gebunden. Die Behörde kann gemäß Art. 44 V BayVwVfG auf Antrag des Adressaten jederzeit feststellen, dass ein nichtiger Verwaltungsakt vorliegt. Prozessual bedeutet dies, dass der Betroffene den Verwaltungsakt nicht anfechten muss, um ihn aus der Welt zu schaffen. Wenn aber doch Rechtsmittel eingelegt werden, so sind diese nicht an eine Frist gebunden.

d) Ein möglicher Rechtsbehelf ist die Nichtigkeitsfeststellungsklage gemäß § 43 I VwGO. Diese besteht unabhängig von der behördlichen Entscheidung über einen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit. Das Verwaltungsgericht kann hier ebenso wie die Behörde die Unwirksamkeit des Verwaltungsakts feststellen. Diese Klagemöglichkeit ist das eigene Risiko des Bürgers. Falls das Gericht dem Antrag auf Nichtigkeit nicht folgt, muss der Betroffene somit vorsorglich auch eine Anfechtungsklage bzw. einen Widerspruch einlegen. Diese Möglichkeiten sind dem Bürger daher trotz der Feststellungsklage nach § 43 I VwGO nicht genommen, wie auch im Umkehrschluss aus § 43 II 2 VwGO zu schließen ist. Daraus folgt, dass die Anfechtungsklage unabhängig von der Rechtswirksamkeit des Verwaltungsakts zulässig ist.

Folgende Grafik bietet einen Überblick über die Rechtsfolgen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts:

Rechtsfolgen