§ 5 Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts

Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts unterteilt sich in einen formellen und einen materiellen Teil. Zum formellen Teil zählen die Zuständigkeitsregeln, die Bestimmungen über Verfahren und Form- und Begründungserfordernisse. Hierauf soll zunächst eingegangen werden.

I. Zuständigkeit der Behörde

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts ist, dass die sachlich und örtlich zuständige Behörde gehandelt hat.

Die Zuständigkeit regelt, welcher Verwaltungsträger und welche Behörde die jeweilige Verwaltungsaufgabe wahrzunehmen hat. Eine Behörde kann nur innerhalb ihres Kompetenzbereiches tätig werden. Dies hat zur Folge, dass Verwaltungsakte unzuständiger Behörden rechtswidrig sind, soweit nicht die Möglichkeit der Heilung besteht (vgl. § 6 Kapitel IV).

Einen Überblick über die möglichen Verwaltungsträger gibt folgendes Schaubild:

Verwaltungsträger

Die Zuständigkeitsregelungen haben die Funktion Doppelzuständigkeiten zu vermeiden und so die Verwaltung ökonomisch zu betreiben. Daneben soll dem Bürger der Weg zu den jeweils verantwortlichen Verwaltungsbehörden aufgezeigt werden. Der Betroffenen wird somit vor staatlicher Willkür geschützt.

Es sind vier verschiedene Arten von behördlichen Zuständigkeiten zu unterscheiden.

a) Die sachliche Zuständigkeit bestimmt sich nach der durch Rechtsnormen oder Verwaltungsvorschriften festgelegten Zuordnung der jeweiligen Verwaltungsaufgabe. Sie ist auf Sachaufgaben bezogen. So ist zum Beispiel das Straßenbauamt für die Angelegenheiten des Straßenbaus zuständig.

Innerhalb der sachlichen Zuständigkeit ist zwischen der Verbands- und Organkompetenz zu unterscheiden. Die Verbandskompetenz regelt, welcher Verwaltungsträger zuständig ist. In Betracht kommen hier der Bund, die Länder, die Gemeinden oder andere Körperschaften des öffentlichen Rechts. Zu beachten sind insbesondere die Art. 83 ff. GG, die grundsätzlich von der Ausführung der Gesetze durch die Länder ausgehen. Daher ergibt sich meist die Konstellation, dass der Bundesgesetzgeber nur die Behörde funktional bezeichnet, während die Länder in den Ausführungsverordnungen die konkrete Behörde festlegen. Zum Beispiel bestimmt das Gaststättengesetz in § 2 Abs. 1 die Erlaubnispflicht des Betriebs einer Gaststätte. Die konkret zuständige Genehmigungsbehörde ergibt sich aus § 1 Abs. 1 S. 1 BayGastV: die Kreisverwaltungsbehörde. Die Organkompetenz hingegen legt fest, welcher Behörde innerhalb des Verwaltungsträgers die Aufgabe zugewiesen ist. So erfolgt etwa in Art. 29, 37 BayGO die Aufteilung der gemeindlichen Zuständigkeiten zwischen Gemeinderat und dem Ersten Bürgermeister.

Verstöße gegen die sachliche Zuständigkeit führen grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit der Maßnahmen, da eine Heilung nach Art. 46 BayVwVfG nur für die örtliche Zuständigkeit in Betracht kommt. Eine analoge Anwendung kommt angesichts des Wortlauts und des Schutzzwecks der Norm nicht in Betracht. Das Vorliegen eines groben Fehlers kann daneben zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG führen (vgl. weitergehend § 6 Kapitel III, V).

b) Die örtliche Zuständigkeit grenzt die einzelnen Verwaltungsträger räumlich in ihrem Tätigkeitsbereich ab. Grundsätzlich bestimmt sich diese für alle Behörden nach Art. 3 BayVwVfG, solange nicht Spezialgesetze etwas anderes bestimmen. Falls sich für mehrere Behörden eine Zuständigkeit ergibt, ist grundsätzlich diejenige, die sich zuerst mit der Sache befasst hat, zuständig.

Verstöße gegen die örtliche Zuständigkeit sind nach Art. 46 BayVwVfG grundsätzlich unbeachtlich, wenn sie ohne Einfluss auf die Sachentscheidung waren. Eine Ausnahme bildet Art. 44 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG, der bei einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG die Nichtigkeit des Verwaltungsakts anordnet (näher dazu § 6 Kapitel III).

c) Die instantielle Zuständigkeit wird bei einem mehrstufigen Verwaltungsaufbau relevant und regelt wann die über- oder untergeordnete Behörde zur Wahrnehmung der Aufgabe berufen ist. Sie ist ein Unterfall der sachlichen Zuständigkeit und findet sich zum Beispiel in § 73 VwGO beim Widerspruchsverfahren. Hier entscheidet die nächsthöhere Behörde über den Erlass des Widerspruchsbescheids, solange keine gesetzliche Ausnahme einschlägig ist. Ein Selbsteintrittsrecht der höheren Behörde in eine ihr nicht zugeordnete Aufgabe ist nur dann zugelassen, wenn eine gesetzliche Ermächtigung zugrunde liegt.

Ein Verstoß gegen die instantielle Zuständigkeit ist ebenso wie bei der sachlichen Zuständigkeit zu behandeln.

d) Die funktionale (auch funktionelle) Zuständigkeit betrifft nur die behördeninterne Aufgabenzuweisung innerhalb der sachlichen Zuständigkeit. Sie tritt auf, wenn zum Beispiel geregelt ist, dass nur der Amtsvorsteher die Handlung vornehmen darf oder ein bestimmtes Amt innerhalb einer Gemeinde nur einen bestimmten Aufgabenbereich bearbeitet.

Ein Verstoß gegen die funktionelle Zuständigkeit führt nur dann zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, wenn es sich um einen besonders schweren Eingriff in Grundrechte handelt.

Einen Überblick über die Zuständigkeit gibt folgendes Schaubild:

Zuständigkeit

II. Verfahren

Die zuständige Behörde muss das für den Verwaltungsakt einschlägige Verfahren beachtet haben.

a) Als Verwaltungsverfahren wird allgemein jede auf den Erlass einer Maßnahme gerichtete Tätigkeit der Verwaltungsbehörden bezeichnet. Dies umfasst eine Vielzahl möglicher Verfahrensarten. Speziell für das Verwaltungsverfahrensgesetz gibt Art. 9 BayVwVfG eine Einschränkung. Ein Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzes ist demnach nur das nach außen wirkende Handeln der Behörden, das auf Prüfung, Vorbereitung und Erlass eines Verwaltungsakts oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. So sind interne oder informelle Absprachen sowie Realakte und dergleichen nicht Teil des Verfahrens nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz.

b) Art. 10 BayVwVfG gilt grundsätzlich für alle Verwaltungsverfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit sich nicht gesetzlich eine Ausnahme hierzu findet. Dies bedeutet, dass für diese Verfahren nur die allgemeinen Regeln des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten. Es wird als nichtförmliches oder allgemeines Verfahren bezeichnet.

Das Verwaltungsverfahrensgesetz kennt zwei weitere Verfahrensarten: Das förmliche Verfahren, geregelt in den Art. 63 ff. BayVwVfG, und das Planfeststellungsverfahren, geregelt in den Art. 72 ff. BayVwVfG. Das förmliche Verfahren setzt einen schriftlichen Antrag voraus. Darüber hinaus trifft es, als Ausnahme zu den allgemeinen Vorschriften Abweichungen über Anhörung und Mitwirkung der Beteiligten. Das Planfeststellungsverfahren ist auf ein raumbezogenes Vorhaben gerichtet, das durch einen Plan geregelt werden soll. Es werden wie beim förmlichen Verfahren Abweichungen zu den allgemeinen Vorschriften bestimmt, die allerdings noch weiter von diesen abweichen. So müssen alle Einwendungen in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden. Das Verfahren wird durch den Planfeststellungsbeschluss beendet, der für alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen des Plans zu seiner Umwelt abschließende Wirkungen entfaltet.

Daneben findet sich noch das Rechtsbehelfsverfahren in Art. 79 BayVwVfG, das auf das Widerspruchsverfahren in §§ 68 ff. VwGO verweist und die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes subsidiär für anwendbar erklärt. Es ist neben dem verwaltungsrechtlichen Verfahren auch ein gerichtliches Vorverfahren, das im Vorfeld der Klage durchzuführen ist, soweit keine gesetzliche Ausnahme besteht.

c) Eine Regelung über die Eröffnung des Verfahrens sieht Art. 22 BayVwVfG vor. Grundsätzlich entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen, ob sie das Verfahren beginnt (S.1, Offizialprinzip). Dies gilt nicht, wenn die Behörde auf Antrag oder von Amts wegen tätig werden muss (S.2, Legalitätsprinzip). Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass die Behörde das Verfahren nicht einleiten darf, solange kein Antrag gestellt wurde (S.2, Dispositionsprinzip).

d) Während des Verfahrens gilt nach Art. 24 BayVwVfG der Grundsatz der Amtsermittlung. Die Behörde ermittelt den Sachverhalt und alle entscheidungserheblichen Tatsachen von sich aus. Der Untersuchungsgrundsatz schließt Beiträge zur Aufklärung durch den Betroffenen nicht aus. Die Behörde entscheidet jedoch nach freier Überzeugung über diese Beweismittel. Sie wird insoweit auch als „Herrin des Verwaltungsverfahrens“ bezeichnet.

e) In Art. 11 ff. BayVwVfG finden sich Regelungen über die Beteiligten des Verwaltungsverfahrens. Diese Normen sind den Bestimmungen der §§ 61 ff. VwGO nachgeahmt und haben insofern ähnliche Voraussetzungen. Zu unterscheiden sind die Beteiligten- und die Handlungsfähigkeit.

Gemäß Art. 11 BayVwVfG ist grundsätzlich als Subjekt an einem Verwaltungsverfahren beteiligtenfähig, wer rechtsfähig ist. Die Beteiligtenfähigkeit entspricht der Parteifähigkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. So nennt Art. 11 BayVwVfG wie § 61 VwGO natürliche und juristische Personen, aber auch sonstige Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Darüber hinaus sind Behörden kraft Gesetzes beteiligtenfähig, da sie als nicht-rechtsfähige Vereinigung sonst nicht am Verfahren teilnehmen könnten.

Demgegenüber steht die Handlungsfähigkeit in Art. 12 BayVwVfG. Sie orientiert sich an der Prozessfähigkeit aus § 62 VwGO und richtet sich demnach nach der Geschäftsfähigkeit des Beteiligten.

Die Beteiligten in einem konkreten Verfahren werden in Art. 13 BayVwVfG erwähnt. Zum einen sind kraft Gesetzes der Antragsteller und –gegner, der Adressat des Verwaltungsakts und der Vertragspartner der Behörde beteiligtenfähig. Zum anderen kann die Behörde Dritte zum Verfahren hinzuziehen, soweit auch deren Interessen betroffen werden, zum Beispiel der Nachbar im Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Dagegen ist der Nachbar im Baugenehmigungsverfahren gem. Art. 66 Abs. 2 S. 1 BayBO kraft Gesetzes Beteiligter im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG.

f) Daneben treffen die Art. 20 f. BayVwVfG Regelungen über den Ausschluss von Personen (Angehörige etc.) in einem Verwaltungsverfahren. Den Betroffenen ist kraft Gesetzes eine Beteiligung im Verwaltungsverfahren untersagt. Der Behördenleiter kann zusätzlich gemäß Art. 21 BayVwVfG einen Amtsträger wegen Besorgnis der Befangenheit vom Verfahren ausschließen.

Ein Verstoß gegen die Art. 20 f. BayVwVfG führt gemäß Art. 44 Abs. 3 Nr. 2 BayVwVfG nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts. Dieser ist nur rechtswidrig und aufhebbar. Der Verstoß kann aber auch nach Art. 46 BayVwVfG als unbeachtlicher Fehler geheilt werden (vgl. § 6 Kapitel V).

g) Gemäß Art. 28 BayVwVfG ist bei allen Verwaltungsakten, die in die Rechte von Beteiligten eingreifen, vor deren Erlass eine Anhörung durchzuführen. Dieser Grundsatz beruht auf dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG, das dem Bürger rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren zugesteht sowie er auch im Gerichtsverfahren über Art. 103 GG geschützt ist. Umstritten ist, ob dem Betroffenen zur Entstehung des Rechts auf Anhörung eine bisherige Rechtsposition entzogen werden muss. Die Rechtsprechung bejaht dies und schließt so die Anwendung des Art. 28 BayVwVfG bei Antrag auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes aus. Dagegen sieht die Literatur die Rechte des Bürgers durch die Ablehnung eines Antrags verletzt, da diese ebenso in dessen Rechtskreis eingreift. Der Rechtsprechung ist jedoch zuzugestehen, dass der Betroffene schon bei Antragstellung Gelegenheit hatte Angaben zum Sachverhalt zu machen. Der Zweck der Anhörung wurde damit erfüllt, so dass der Rechtsprechung gefolgt werden kann.

Eine Anhörung muss bei den in Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG genannten Fällen nicht vorgenommen werden. Zu beachten ist, dass die Aufzählung keinen abschließenden Charakter hat und die Anwendung im Ermessen der Behörde steht. Die Norm ist aber eng auszulegen, um ihrem Charakter als Ausnahme des verfassungsrechtlichen Grundsatzes auf rechtliches Gehör gerecht zu werden.

Daneben findet sich in Art. 28 Abs. 3 BayVwVfG eine weitere Ausnahme von der Anhörungspflicht, die dann eingreift, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht. Die Vorschrift greift allerdings erst dann ein, wenn die Sicherheit einer Vielzahl an Menschen oder bedeutender Sachwerte gefährdet ist.

Bei einem Verstoß gegen das Anhörungsrecht kommt im weiteren Verfahren bzw. im Gerichtsprozess eine Heilung des Fehlers nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG in Betracht. Daneben kann der Fehler auch nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich sein (vgl. dazu § 6 Kapitel III).

h) Das Verwaltungsverfahren endet mit dem Erlass oder der Ablehnung des (beantragten) Verwaltungsakts oder mit dem Abschluss des Verwaltungsvertrags, falls das Verfahren nicht schon zuvor eingestellt wurde oder es sich sonst erledigt hat.

III. Form

Der Verwaltungsakt muss am Ende des Verfahrens durch die zuständige Behörde in der richtigen Form erlassen werden.

a) Grundsätzlich bestimmt Art. 37 Abs. 2 BayVwVfG, dass die Behörde bei der Wahl der Form frei und unabhängig entscheiden kann. Der Verwaltungsakt kann sowohl schriftlich, mündlich, elektronisch oder auf andere Weise ergehen (vgl. Art. 3 a BayVwVfG). Schon allein aufgrund der Rechtsklarheit werden Verwaltungsakte in der Regel schriftlich erlassen. Für bestimmte Verwaltungsakte ist die Schriftform sogar ausdrücklich im Gesetz vorgeschrieben, zum Beispiel bei der Zusicherung nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG. Gewisse Vorschriften sehen überdies weitergehende Erfordernisse vor, wie etwa § 5 Abs. 2 BRRG eine Aushändigung einer Urkunde für die Beamtenernennung voraussetzt. Der mündliche Verwaltungsakt kommt hingegen meist nur dann in Betracht, wenn es sich um eine ortsgebundene Maßnahme handelt, beispielsweise bei der Auflösung einer Demonstration oder der Verkehrslenkung durch einen Polizisten.

Ein Verstoß gegen eine vorgeschrieben Form eines Verwaltungsakts führt zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme.

Zu beachten ist, dass seit Juli 2009 in Art. 42 a VwVfG die Genehmigung für nicht bearbeitete Anträge nach Ablauf einer Frist fingiert wird, wenn eine Norm dies vorsieht und der Antrag hinreichend bestimmt ist. Ziel ist es, die Verwaltungsverfahren weiter zu beschleunigen. Dieser sogenannte fiktive Verwaltungsakt ergeht somit schweigend und ohne jegliche Form. Auf Verlangen muss die Genehmigung aber schriftlich bestätigt werden.

b) Bei einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt ist zur Wahrung der Form eine Begründung gemäß Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG erforderlich. Dabei muss die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe erkennen lassen, die sie zur Entscheidung für den Erlass des Verwaltungsakts geführt haben. Gemäß Art. 39 Abs. 1 S. 3 BayVwVfG sollen zudem Ermessenserwägungen im Verwaltungsakt offengelegt werden. Es genügt daher nicht, dass die Behörde von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht hat. Sie muss vielmehr die Gesichtspunkte, die sie bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat, nach außen präsentieren.

In den Ausnahmefällen des Art. 39 Abs. 2 BayVwVfG kann auf eine Begründung verzichtet werden.

Fehlt die Begründung, führt dies zur formellen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Der Verstoß kann allerdings gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens geheilt werden oder unter den Voraussetzungen des Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich sein (vgl. dazu § 6 Kapitel III).

Zu beachten ist, dass eine inhaltlich unrichtige oder unvollständige Begründung die materielle Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts zur Folge hat und unter der Kategorie der Ermessenfehler behandelt werden muss. Das Nachschieben einer neuen Begründung unter der Berücksichtigung weiterer Tatsachen ist ebenso unter diesem Aspekt zu behandeln (vgl. dazu Kapitel VII).

c) Zu den Erfordernissen der Form ist daneben die Rechtsbehelfsbelehrung zu zählen. Sie ist zum Beispiel nach § 59 VwGO bei einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt beizufügen, wenn dieser der Anfechtung unterliegt. Auch der Widerspruchsbescheid muss gemäß § 73 Abs. 3 S. 1 VwGO den Betroffenen über seine Rechte aufklären.

Ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht führt nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Vielmehr beginnt gemäß § 58 Abs. 1 VwGO die Frist, zum Beispiel die einmonatige Klagefrist in § 74 Abs. 1 VwGO, für das jeweilige Rechtsmittel nicht zu laufen. Stattdessen gilt nach § 58 Abs. 2 VwGO die Jahresfrist ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Zu beachten ist, dass die Frist als Prozessvoraussetzung schon im Rahmen der Zulässigkeit geprüft werden muss.

d) Dagegen ist die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG keine Frage der Form, sondern im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit zu prüfen (vgl. Kapitel VII).

e) Auch die Bekanntgabe an den Betroffenen nach Art. 41 BayVwVfG ist kein Erfordernis der Form, sondern gemäß Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verwaltungsakt (vgl. dazu § 6 Kapitel I).

Nach den formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen soll nun auf die materiellen Erfordernisse eingegangen werden.

IV. Rechtsgrundlage und Subsumtion

Der Verwaltungsakt muss aufgrund einer tauglichen Rechtsgrundlage ergangen sein.

a) Das Erfordernis einer Rechtsgrundlage lässt sich auf den Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 3 GG stützen. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bestimmt, dass die Verwaltung immer an Recht und Gesetz gebunden ist. Der Staat darf gegenüber dem Bürger nur handeln, soweit ihm das durch eine Norm gestattet ist. In den Bereichen, in denen in Grundrechte der Bürger eingegriffen wird, ist dieser Grundsatz stets anzuwenden. Der Betroffene wird hier durch eine staatliche Maßnahme belastet, die der gesetzlichen Rechtfertigung bedarf.

Umstritten ist dagegen, ob auch bei der Leistungsverwaltung eine Rechtsgrundlage erforderlich ist. Teilweise wird ein Totalvorbehalt vertreten, der besagt, dass jegliches staatliches Handeln einer Ermächtigungsnorm bedarf. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass der Gesetzgeber nur alle wesentlichen Entscheidungen im normativen Bereich selbst regeln müsse (Wesentlichkeitstheorie). Das bedeutet für den Fall der Leistungsverwaltung, dass regelmäßig keine konkrete Norm für staatliches Handeln vorliegen muss. Ein formelles Gesetz als Rechtsgrundlage ist aber dann ausnahmsweise erforderlich, wenn Grundrechte im Wesentlichen betroffen sind.

Einen Sonderfall stellen staatliche Subventionen dar. Diese sind als vermögenswerte Zuwendungen des Staates an Private zu sehen, die zur Förderung eines bestimmten öffentlichen Zwecks ergehen. Grundsätzlich genügt es, wenn die Mittel im Haushalt ausgewiesen wurden. In besonders grundrechtssensiblen Bereichen wie der Glaubensfreiheit oder der Pressefreiheit wird jedoch verlangt, dass ein formelles Parlamentsgesetz als Grundlage für die Förderung besteht. Grund hierfür ist, dass durch die Subventionsvergabe in Grundrechte Dritter eingegriffen wird, indem die Chancen möglicher Konkurrenten beeinflusst werden. Der Staat ist aber zur Neutralität verpflichtet und darf nur in geringem Maß in die freie Wirtschaft eingreifen. Die Entscheidung über die Subvention ist daher so wesentlich, dass der Gesetzgeber hier klare Vorgaben durch eine gesetzliche Grundlage aufstellen muss.

Im Sonderstatusverhältnis (vgl. § 4 Kapitel IX) ist entgegen einer früher vertretenen Ansicht keine Einschränkung des Vorbehalts des Gesetzes anzunehmen. Die Grundrechte kommen auch in diesem Verhältnis voll zum Tragen. Daher bedarf jedes Eingriffshandeln der Verwaltung hier ebenso einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm.

b) Die Rechtsgrundlage kann sich aus Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung ergeben. Dabei sind speziellere Regelungen allgemeinen Normen vorzuziehen. Im Rahmen dessen kann sich auch eine inzidente Prüfung der Ermächtigungsnorm ergeben. Es muss dann untersucht werden, ob die Vorschrift selbst formell und materiell rechtmäßig zustande gekommen ist. Ist die Rechtsgrundlage rechtswidrig und unwirksam, ist auch der nachfolgende Verwaltungsakt fehlerhaft und materiell rechtswidrig.

Zu beachten ist allerdings, dass der Unwirksamkeit der Norm die gesetzes- bzw. verfassungskonforme Auslegung vorgeht. Für Parlamentsgesetze gilt zudem das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts. Im Gerichtsprozess besteht daher eine Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG, wenn das Verwaltungsgericht von der Unwirksamkeit des Gesetzes ausgeht. Der Verwaltung hingegen kommt keine eigene Verwerfungskompetenz zu. Falls diese eine Rechtsvorschrift für unwirksam hält, muss sie die Norm trotzdem anwenden. Sie ist zwar nach Art. 20 Abs. 3 GG an die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden. Aber aus dem Aspekt der Gewaltenteilung kommt nur der Judikative die Nichtigkeitserklärung einer Vorschrift zu. Bei Satzungen nach dem Baugesetzbuch und anderen Rechtsnormen auf Landesebene kann die Behörde überdies selbst eine Überprüfung durch ein Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO einleiten.

c) Daneben ist in der Regel unstreitig, ob die Behörde durch die Rechtsgrundlage zum Handeln durch Verwaltungsakt ermächtigt war. Die Befugnis ist als originäre Handlungsform der Verwaltung anzusehen und ist in jeder öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage impliziert. Die Behörde kann daher durch Verwaltungsakte das Verhältnis zum einzelnen Bürger ausfüllen. Einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedarf es hier nicht.

Eine Ausnahme ist dann vorzunehmen, wenn sich die Behörde auf die Ebene des Bürgers begibt. Würde hier die Möglichkeit des Handelns durch Verwaltungsakt bestehen, könnte die Verwaltung ohne gerichtlichen Prozess einen vollstreckbaren Titel erlangen. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Behörde privatrechtliche Abmachungen mit dem Einzelnen trifft. So kann der Mietvertrag mit einem Betreiber einer städtischen Halle nicht durch Verwaltungsakt beendet werden. Zum anderen schließt das Handeln durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der Art. 54 ff BayVwVfG eine hoheitliche Regelung aus. Die Verwaltung kann sich nicht mehr einseitig durch Verwaltungsakt von ihren Bindungen lösen und muss vertragliche Ansprüche im Wege der allgemeinen Leistungsklage erstreiten.

Dergleichen gilt nach der Ansicht der Literatur auch bei Leistungsansprüchen im öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis, zum Beispiel Ansprüche des Staates gegen den Beamten. Es fehle eine gesetzliche Grundlage für die Durchsetzung als Verwaltungsakt. Die Rechtsprechung schließt dagegen das Handeln durch Verwaltungsakt nicht aus. Zur Begründung wird angeführt, dass das Beamtenverhältnis von einer Über-, Unterordnung gekennzeichnet ist und die Ansprüche nicht bereits konkret feststehen. Im Grundverhältnis des Beamten ist dazu die Verwaltungsakt-Befugnis allgemein anerkannt (vgl. § 4 Kapitel IX). Demzufolge kann der Leistungsanspruch auch durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden.

d) Bei der Prüfung der konkreten Rechtsgrundlage ist wie folgt vorzugehen. Zunächst sind die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Norm festzustellen und zu definieren. Hier sind insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe auszulegen (vgl. Kapitel V). Dann muss der einschlägige Sachverhalt ermittelt werden, um diesen daraufhin unter den Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage zu subsumieren. Falls dessen Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Norm angewandt werden und ihre Rechtsfolgen können eintreten. Die konkret getroffene Regelung muss aber von der Rechtsfolge der Rechtsgrundlage gedeckt sein. Dabei ist insbesondere zu beachten, ob die Behörde an eine bestimmte Maßnahme gebunden ist oder ob ihr ein Ermessensspielraum zusteht (näher dazu Kapitel VII).

e) Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage

Bei der Beurteilung des konkreten Sachverhalts stellt sich im Einzelfall die Frage nach dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt.

Grundsätzlich richtet sich der Zeitpunkt nach den jeweils anzuwendenden Vorschriften. Hier kann die letzte Behördenhandlung, die letzte mündliche Verhandlung im Verwaltungsgerichtsverfahren oder eine feststehende Frist, nach der kein Vorbringen mehr zugelassen ist, einschlägig sein. Insbesondere sind rückwirkende Gesetze zu beachten, bei denen Sach- oder Rechtlagenänderungen für die Vergangenheit berücksichtigt werden müssen.

Bei der Anfechtungsklage ist die Verwaltung nach Erlass der letzten Behördenhandlung an ihre Maßnahme gebunden. Daher ist das der entscheidende Zeitpunkt, die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu beurteilen. Eine Ausnahme gilt für Dauer-Verwaltungsakte, da diese sich auch auf die Zukunft beziehen, zum Beispiel die Gewährung einer Leistung. Hier ist die letzte mündliche Verhandlung im Prozess maßgeblich. Anders stellt sich die Lage bei § 35 GewO dar. Der Betroffene kann bei einer Gewerbeuntersagung im Wege des Wiedergestattungsverfahrens nach § 35 VI GewO die Zulassung wieder erlangen. Es ist daher nicht nötig auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, sondern es genügt die letzte Behördenhandlung heranzuziehen.

Bei der Verpflichtungsklage hingegen ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Der Bürger soll nicht nochmals an die Behörde herantreten müssen, um einen an sich rechtmäßigen Verwaltungsakt zu erhalten. Hintergrund ist dem Betroffenen effektiven Rechtsschutz zu gewähren und das Verwaltungsverfahren ökonomisch zu gestalten.

V. Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe

Unbestimmte Rechtsbegriffe treten auf Tatbestandsseite der Norm auf. Sie bilden eine Art Generalklausel der Verwaltung, die bei der Definition des Tatbestandes einer Rechtsgrundlage ausgelegt werden müssen. Die Behörden können so auf unvorhergesehene Situationen angemessen reagieren, ohne dass der Gesetzgeber jede Entscheidung im Voraus treffen müsste.

Zu beachten ist, dass der Vorbehalt des Gesetzes bei der Eingriffsverwaltung eine hinreichende inhaltliche Konkretisierung erfordert. Dabei kommt insbesondere der Rechtsprechung die Aufgabe zu, die abstrakten Formulierungen zu konkretisieren. Daneben finden sich auch in Verwaltungsvorschriften nähere Bestimmungen zur Interpretation der Begriffe.

a) Grundsätzlich gilt, dass die Rechtsprechung unbestimmte Rechtsbegriffe voll überprüfen kann. Dies gebietet der Grundsatz aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG, der besagt, dass jedem Bürger effektiver Rechtsschutz zukommen muss. Gerade bei generalklauselartigen Bestimmungen muss die gerichtliche Kontrolle des Handelns der Verwaltung sichergestellt werden. Zudem gebietet der Grundsatz der Gewaltenteilung, dass die Exekutive nicht selbst legislative Aufgaben wahrnimmt.

b) Es bestehen jedoch Ausnahmen, bei denen den Behörden ein Beurteilungsspielraum zukommt, der gerichtlich nur auf formelle Fehler und sachliche Willkür kontrolliert werden kann. Diesen Fällen liegt zugrunde, dass sie aus der Natur der Sache nicht voll überprüfbar sind. Aufgrund ihrer einschränkenden Rechtsschutzwirkung muss der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung in der Norm selbst festlegen, dass der Verwaltung teilweise eine nicht überprüfbare Entscheidungsfreiheit zugestanden wird. Die Literatur sieht es dagegen als genügend an, wenn sich der Spielraum mittels einer Auslegung der Vorschrift ermitteln lässt. Das Bundesverfassungsgericht zieht die Grenzen noch enger: Erst wenn es aufgrund der Komplexität des Sachverhalts und der besonderen Situation vor Ort nicht möglich sei, die Entscheidung nachzuvollziehen, kommt ein Freiraum für die Behörde in Betracht.

Ein Beispiel hierfür sind behördliche Prüfungsentscheidungen an einer staatlichen Schule oder Hochschule. Sie beruhen auf einem originären Sachverhalt, dem keine vergleichbare Situation nachgebildet werden kann. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte können daher etwa bei einer Prüfungsnote keine inhaltlichen, sondern nur formale Fehler beanstandet werden. Dabei kommen insbesondere Verstöße gegen Verfahrensvorschriften und allgemein anerkannte Bewertungs-grundsätze in Betracht. Sonst kann nur noch gerügt werden, dass sich die Behörde von sachfremden Erwägungen leiten ließ, willkürlich gehandelt hat oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Das Bundesverfassungsgericht nimmt bei den berufsbezogenen Prüfungen im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG eine weitergehende gerichtliche Kontrollmöglichkeit an. Die fachliche Richtigkeit der Beurteilung sei vollständig zu überprüfen. Eine Lösung darf dann nicht als falsch gewertet werden, wenn die Ansicht vertretbar erscheint. Dagegen seien prüfungsspezifische Wertungen von der gerichtlichen Kontrolle ausgenommen. Begründet wird dies unter anderem mit der Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG. In der konkreten Situation kann nur der Prüfer die Lage einschätzen und seine Schlüsse aus der Prüfung ziehen. Die Verwaltungsgerichte haben in ihrer Rechtsprechung im Wesentlichen die Argumente aufgegriffen und entsprechende Urteile gefällt.

Dergleichen gilt für dienstrechtliche Beamtenbeurteilungen. Hierbei findet sich auch eine einmalige Entscheidung, die den Beamten nach seinen Eigenschaften oder Fähigkeiten einteilt. Diese der konkreten Situation geschuldete Einschätzung kann somit nicht gerichtlich in Frage gestellt werden.

Im Einzelfall stehen zudem Entscheidungen von Sachverständigengremien nicht zur Disposition der Gerichte, wenn diese pluralistisch und mit weisungsfreien Mitgliedern besetzt sind. Zu nennen sind hier etwa Richterwahlausschüsse oder die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und Medien.

Schließlich wird der Verwaltung bei nicht wiederholbaren Einzelentscheidungen eine Einschätzungsprärogative zugestanden. Hier müssen eine Vielzahl unterschiedlichster Faktoren berücksichtigt und bewertet werden. Die subjektive Entscheidung einer Behörde in diesem Bereich soll nicht nachträglich durch ein Gericht revidiert werden. Insbesondere Prognoseentscheidungen oder Risikobewertungen im Bereich des Umwelt- und Wirtschaftrechts können in diese Kategorie gefasst werden. Ein Beispiel ist die Unzuverlässigkeit des Betreibers in § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG.

VI. Ermessen und Ermessensfehler

Die Frage nach dem Ermessen stellt sich entgegen der unbestimmten Rechtsbegriffe erst auf der Rechtsfolgenseite.

a) Das Ermessen ist von der gebundenen Entscheidung abzugrenzen. Eine gebundene Entscheidung der Verwaltung liegt dann vor, wenn der Gesetzgeber in der Rechtsnorm die Behörde verpflichtet, eine bestimmte Rechtsfolge zu setzen. Zu erkennen ist dies an Formulierungen wie „muss“, „darf nicht“ oder „ist zu“. Ein Beispiel für eine gebundene Entscheidung ist § 15 Abs. 2 GastG, nach dem eine Gaststättenerlaubnis widerrufen werden muss, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

Bei Ermessen hat die Verwaltung einen Spielraum und muss eigene Zweckmäßigkeitserwägungen in ihre Entscheidung einfließen lassen. Ausdrücke wie „kann“, „darf“ oder „ist befugt“ in Rechtsnormen weisen auf einen solchen Gestaltungsspielraum hin. Eine Ermessensregelung findet sich beispielsweise in Art. 48 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG, der die Entscheidung über die Rücknahme eines Verwaltungsakts der Verwaltung zuweist.

Eine Zwitterstellung nehmen sogenannte Soll-Vorschriften ein. Sie geben den Behörden zwar im Regelfall eine bindende Entscheidung vor, lassen aber bei atypischen Fällen eine Ausnahme zu. Eine entsprechende Regelung findet sich etwa in Art. 39 Abs. 1 S. 3 BayVwVfG, der der Behörde in der Regel vorschreibt, ihre Ermessenserwägungen in der Begründung eines Verwaltungsakts erkennen zu lassen.

Schließlich kann das Ermessen der Verwaltung auf Null reduziert sein. Dies tritt auf, wenn jegliches andere Verhalten ermessensfehlerhaft wäre (dazu sogleich). Die Behörde ist dann faktisch wie bei einer gebundenen Entscheidung verpflichtet, die einzige verbliebene Möglichkeit der Ermessensausübung anzuwenden. In Betracht kommt dies etwa bei einer Selbstbindung der Verwaltung über Art. 3 Abs. 1 GG, bei der sich die Behörde mit einer über längere Zeit gleichmäßige Verwaltungsausübung in der Auslegung ihres Ermessens festlegt. Auch ist die Polizei bei einer schwerwiegenden Gefahr für wesentliche Rechtsgüter zum Einschreiten verpflichtet, obwohl sie gem. Art. 5 Abs. 1 PAG nur nach einer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung handeln muss.

b) Das Ermessen gewährt der Verwaltung nicht per se freie Hand. Vielmehr muss die Behörde immer ihr Ermessen pflichtgemäß ausüben, das ihr der Gesetzgeber eingeräumt hat. Art. 40 BayVwVfG stellt dies ausdrücklich klar und betont, dass die Verwaltung den Zweck der Ermächtigung und dessen gesetzliche Grenzen nicht überschreiten darf. Falls sich eine Behörde nicht an den vorgegebenen Rahmen hält, ist ihre Entscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Dies kann gem. § 114 S. 1 VwGO auch durch die Verwaltungsgerichte kontrolliert werden.

Im Einzelnen sind folgende Ermessensfehler zu unterscheiden.

(1) Ermessensüberschreitung

Wenn die Verwaltung eine nicht in der Rechtsnorm vorgesehene Entscheidung trifft, überschreitet sie ihren durch den Gesetzgeber zugewiesenen Ermessensspielraum. Es ist folglich das Ergebnis der Ermessensbetätigung fehlerhaft. Beispiel hierfür ist, wenn die Behörde eine höhere Gebühr für eine Verwaltungsaufgabe verlangt als ihr nach dem gesetzlichen Rahmen zustehen würde.

(2) Ermessensfehlgebrauch

Ermessensfehlgebrauch liegt dann vor, wenn die Begründung des Verwaltungsakts nicht vom Zweck des Gesetzes abgedeckt ist. Hier beruht der Fehler somit auf dem Vorgang der Ermessensbetätigung. Darunter können mehrere Defizite unterschieden werden.

Zuerst ist die Unterschreitung eines eingeräumten Ermessens zu erwähnen. Die Verwaltung gebraucht in diesem Fall das ihr zustehende Ermessen nicht, sei es, dass sie den Tatbestand der Norm nicht richtig subsumiert, sei es, dass sie fälschlicherweise von einer gebundenen Entscheidung ausgeht. Ein Anhaltspunkt für einen solchen Fehler kann sein, wenn der Verwaltungsakt keine Begründung nach Art. 39 Abs. 1 S.3 BayVwVfG enthält.

Weiterhin besteht ein Ermessensfehlgebrauch, wenn sachfremde Erwägungen Einfluss in die Entscheidung gefunden haben oder Tatsachen nicht berücksichtigt bzw. nicht ermittelt wurden. Hier spricht man von einem Heranziehungsdefizit bzw. -überhang.

Schließlich kann auch die Abwägung der für die Ermessensentscheidung relevanten Gesichtspunkte zu einem fehlerhaften Ermessensgebrauch führen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Pro- und Contra-Argumente der Entscheidung nicht entsprechend gewichtet wurden oder an sich sachgemäße Gründe nur vorgeschoben wurden, um den wirklichen Zweck zu verdecken.

Folgende Grafik zeigt die Ermessensfehler im Überblick:

Ermessenfehler

c) Ein Ermessensfehler führt zunächst einmal zu einem fehlerhaften und damit rechtswidrigen Verwaltungsakt. Allerdings kann die Behörde gewillt sein, ihre Entscheidung nachzubessern und ihre Ermessensgründe nachzureichen. Entscheidend ist hier, dass es sich nicht um nachträglich entstandene Tatsachen (vgl. dazu Kapitel Abs. 4 e), sondern nur um nachträglich vorgebrachte Tatsachen handelt.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Nachschieben von Gründen im Verwaltungsprozess möglich sein muss. Dies lässt sich vor allem auf den gerichtlichen Untersuchungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 VwGO stützen, der eine umfassende Prüfung aller relevanten Tatsachen durch das Gericht vorsieht. Dazu dient ein solches Vorgehen auch der Prozessökonomie, da die Behörde nach einem Urteil nicht daran gehindert wäre, denselben Verwaltungsakt mit einer neuen Begründung zu erlassen.

Für Ermessensentscheidungen sieht § 114 S. 2 VwGO ausdrücklich ein Nachschieben von weiteren Erwägungen noch bis zum Ende des Verwaltungsgerichtsverfahrens vor. Eine Ausnahme muss nur dann gemacht werden, wenn ein völliger Austausch der Begründung vorgenommen wird oder die Behörde kein Ermessen angewandt hat. Hier muss aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes dem Bürger die Gelegenheit gegeben werden, die neu vorgebrachten Gründe nicht in den Prozess einfließen zu lassen. Sonst würde dem Betroffenen die Möglichkeit der Zweckmäßigkeitskontrolle des Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren und somit ein Teil des Rechtsschutzes genommen.

VII. Bestimmtheit des Verwaltungsakts

Der Verwaltungsakt muss daneben nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG inhaltlich ausreichend bestimmt sein. Dies ist nur dann als erfüllt anzusehen, wenn der Adressat, der Inhalt und der Regelungsgehalt für den Betroffenen ausreichend erkennbar sind.

Ein Fehler gegen diese Vorschrift ist nicht heilbar und führt zur Rechtswidrigkeit bzw. - bei schwerwiegenden Verstößen - zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts. Zu beachten ist aber, dass der zu unbestimmte Verwaltungsakt auch bei Bestandskraft mangels klaren Inhalts nicht vollzogen werden kann.

VIII. Verhältnismäßigkeitsprinzip

Der Verwaltungsakt muss zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Er leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab und soll den Bürger vor einer unverhältnismäßigen Verwaltung schützen.

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip stellt auf die Relation zwischen Zweck und Mittel ab. So muss das Mittel zur Erreichung eines bestimmten Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein. Eine Maßnahme ist nur geeignet, wenn sie das angestrebte Ziel erreichen kann und nur erforderlich, wenn nicht ein anderes gleich geeignetes Mittel zur Verfügung steht, das weniger in die Rechte des Betroffenen eingreift. Schließlich darf die Relation zwischen Zweck und Mittel nicht außer Verhältnis stehen.

Ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip führt zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und kann nicht geheilt werden.

IX. Übereinstimmung mit höherrangigem Recht

Der Verwaltungsakt darf schließlich höherrangigem Recht nicht widersprechen. Dieser Grundsatz lässt sich auf den Vorrang des Gesetzes zurückführen. Dieses Prinzip bringt zum Ausdruck, dass die Verwaltung an die bestehenden Gesetze gebunden ist. Sie muss ihre Maßnahmen folglich an den Normen ausrichten und darf nicht gegen die Vorgaben der Legislative handeln.

Das Vorrangprinzip lässt sich ebenso wie der Vorbehalt des Gesetzes auf Art. 20 Abs. 3 GG zurückführen. Die Verwaltung soll sich staatstreu verhalten und nicht den Interessen des Gesetzgebers zuwiderlaufen.

Neben dem Grundgesetz sind alle formellen Gesetze, aber auch Rechtsverordnungen und Satzungen vom Vorrang des Gesetzes umfasst. Ebenso bindet das Europäische Recht kraft eigener Gestaltungsmacht die Verwaltung.