3. Typen von Schulleistungstests nach Standardisierungsgrad

3.2 Der informelle Schulleistungstest als wenig definiertes Mittelstück zwischen standardisiertem Schulleistungstest und Schulaufgaben/ Probearbeiten

Anders sieht es beim Gegenstück, dem informellen Schulleistungstest, aus. In dem Lehrbuch von Jäger (2001, S. 281) betrifft die Unterscheidung "vor allem die Art der Konstruktion der Testaufgabe. Eine Klassenarbeit (in Bayern Schulaufgabe oder Probearbeit, der Verf.) gilt eher als ein informeller Test, weil die Aufwendungen zur Konstruktion eher gering sind. Ein formeller Test ist dagegen nur dann zu realisieren, wenn eine Reihe von Konstruktions-schritten durchgeführt wurde und die sogenannten Gütekriterien erfüllt sind". Nähere Beschreibungen des informellen Schulleistungstests bei Jäger bleiben aus.

Heller und Hany (2001) äußern, dass die Einführung der Gesamtschule in den 60er-Jahren zur schulinternen Leistungsdifferenzierung "die Entwicklung von ‚teacher-made' Tests erforderlich [machte], die man – in Abhebung zu den von Testexperten konstruierten (standardisierten oder formellen) Schulleistungstests – als ‚informelle Tests' bezeichnete". Dabei beziehen sie sich hauptsächlich auf Gaude und Teschner (1970), die zum Ausdruck brachten, dass ein sorgfältig entwickelter informeller Test mehr Gemeinsamkeiten mit den formellen Testverfahren habe als mit Lehrerurteilen und anderen "subjektiven" Verfahren. Formelle Tests seien fast immer normorientiert, informelle könnten normorientiert oder kriteriumsorientiert sein.

Die neueste der sehr wenigen Fundstellen in der Literatur, welche den Begriff des informellen Schulleistungstests aufgreift, ist der Aufsatz von Leutner (2010) in dem von Rost heraus-gegebenen "Handwörterbuch Pädagogische Psychologie". Der Autor schreibt zunächst von den formellen, dass sie auf einer spezifischen Testtheorie basieren und dass sie "durch ein hohes Maß an Standardisierung bei der Testdurchführung, Testauswertung und Interpretation gekennzeichnet [sind], um die für psychologische Tests geforderten Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität zu erfüllen" (Leutner, 2010, S. 629). Er fährt fort: "Informelle Tests dagegen sind für bestimmte Testzwecke ad hoc zusammengestellte Instrumente. Sie sind zwar nicht geeicht, können aber dennoch auf einer Testtheorie basieren und müssen nicht notwendig reduzierten Güteansprüchen entsprechen."

Bei diesem Stand der Literatur lässt sich eine konkrete Beschreibung informeller Schulleistungstests nicht entnehmen, geschweige denn, dass Beispiele zu finden wären.

(Das Beispiel für informelle Tests in der zur Zielorientierung an den Anfang gesetzten Tab. 10.1 stammt vom Autor).  

Die geschilderte Lage führt jetzt zu folgender Entscheidung. Wir schlagen hier vor, den Begriff des informellen Schulleistungstests, bis er aktueller und klarer festgelegt wird, vorerst einmal nicht länger aktiv zu verwenden, auch weil wir keinen unmittelbaren Nutzen in der Verwendung sehen. Heute wird mit Schulleistungstest ohnedies eigentlich weitestgehend nur noch der standardisierte Schulleistungstest in der oben skizzierten Form angesprochen.