1. Einleitung

In einer Dokumentation des Bayerischen Fernsehens zum Lehrerberuf (Schlechte Noten für die Schule. Was Lehrer nervt und stresst, 2004, Regie: Ch. Dröse) bringen Lehrerinnen und Lehrer ihren Ärger über das Bild der Anforderungen dieses Berufs in der Öffentlichkeit zum Ausdruck. Sie ärgern sich, wenn es im Bekanntenkreis heißt, „Was willst Du denn, Du hast doch einen lauen Job.“ Eine Lehrerin drückt dies so aus: „Es ärgert mich, wenn die Leute denken, wir gehen da um 8 hin und um 1 kommen wir wieder. Ja ja Du … Lehrer, ja, ja. Dieses … ach mit den kleinen Kindern, das ist doch leicht. 1 mal 1 kann ich auch, also Lehrer könnt ich auch machen. Solche Sachen, die jetzt im Gespräch sind, wenn ne Lehrerin krank ist, fragt man irgend’ne Mutter ob sie schnell den Unterricht macht, also das ist schon heftig, find ich.“

Wenn man diese Aussagen betrachtet, kommt man zur Auffassung, dass der Lehrerberuf in der Öffentlichkeit stark unterschätzt wird. Schon 1929 haben jedoch Charters und Waples herausgefunden, dass man als Lehrer über 1000 verschiedene Aufgaben beherrschen muss (s. auch Kap. 2).

An anderer Stelle wird über eine Lehrkraft berichtet, die ihren Beruf an den Nagel gehängt hat. Ihre Gründe: Der Druck von oben würde immer stärker. „Als Lehrer muss man das einfach dann so machen, wie er, der Rektor das denkt, also so hab ich das empfunden. Und wenn man da andere Ideen hatte oder einfach was nicht eingeseh’n hat, wovon er absolut überzeugt war, dann gibt’s dann eben Konfrontationen. So ein Mensch kann einem das Leben sehr sehr schwer machen.“

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„Dann ähm so der, kann man sagen, der Konkurrenzdruck, so der Kollegen untereinander. Ich glaube der Grund ist dafür, dass man als Lehrer zumindest in meinem Volksschulbereich gibt’s ja keine Aufstiegsmöglichkeiten. Und deswegen sucht jeder für sich so ein bisschen ne Nische, wo er sich herausheben kann. Und wenn das halt noch mehrere machen, dann muss der andere wieder ein Stückchen höher. Und das hat man eben nicht gerne, wenn der andere das dann auch toll macht, dann muss ich das ja wieder noch toller machen. Was ich nicht verstehe, warum Lehrer nicht n Team bilden können und alles gemeinsam machen können, das versteh ich einfach nicht. Ich kann nur sagen, ich würde nie mehr zurückgehen.“

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Lehrerinnen und Lehrer sind häufiger Patienten psychosomatischer Kliniken und Praxen als Vertreter anderer Berufsgruppen; über 90 % der Lehrerinnen und Lehrer scheiden vorzeitig aus ihrem Beruf aus. Auch die Betroffenen selbst beschweren sich - wie oben dargestellt - zunehmend über ihre Arbeitsverhältnisse (Schaarschmidt, 2005). Diese Sachverhalte werden in Kapitel 4 geschildert. Zuvor werden wir jedoch noch darauf eingehen, was einen guten Lehrer eigentlich ausmacht (Kapitel 3).

Abbildung 12.1: Überblick über die Lehreinheit 12