Einleitung

Das BGB kennt im Rahmen des Besitzschutzes zwei Abwehransprüche des Besitzers zur Verteidigung der eigenen Besitzposition. § 861 BGB normiert einen Herausgabeanspruch im Falle einer Besitzentziehung und § 862 BGB einen Beseitigungsanspruch im Falle einer Besitzstörung. Diese so genannten possessorischen Ansprüche (§§ 861, 862 BGB) schützen den Besitzer unabhängig davon, ob dieser tatsächlich ein Recht zum Besitz hat. Geschützt wird so z.B. auch der Besitz des Diebes gegenüber Dritten oder sogar gegenüber dem Eigentümer. Entscheidend ist einzig, dass der Besitzer die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache hat (§ 854 BGB). Dies ist der Fall, wenn der Besitzer die Möglichkeit hat auf die Sache einzuwirken oder andere von Einwirkungen auszuschließen. Für das Vorliegen einer derartigen Sachbeziehung ist es nicht notwendig, dass der Besitzer tatsächlich direkt auf die Sache einwirken kann. Es reicht vielmehr eine überwiegende Wahrscheinlichkeit bzgl. der Sache seinen Willen durchsetzen zu können. Nach allgemeiner Ansicht gibt es durchaus Gewaltverhältnisse, bei denen eine Sachherrschaft i.S.v. § 854 BGB zu bejahen ist, obwohl zwischen dem Besitzer und der Sache eine gewisse Distanz besteht. Beispiele hierfür sind der Pflug auf dem Feld oder ein abgestellter PKW.

Problematisch ist, ob es zum Besitz eines Besitzbegründungswillens bedarf. Liegt ein Besitzerwerb i.S.v. § 854 Abs. 1 BGB vor, also durch Erlangung der tatsächlichen Gewalt über eine Sache, so kann es durchaus vorkommen, dass derjenigen der die tatsächliche Gewalt von einem anderen erlangt, keinen Besitzbegründungswillen bzgl. der konkreten Sache hat. Ein Beispiel hierfür ist der Brief im Briefkasten. Der „Briefkasteninhaber“ weiß unter Umständen noch gar nicht, dass der Brief in seinem Briefkasten liegt, hat aber dennoch bereits den Besitz daran erlangt.

Unproblematisch ist der Besitzbegründungswille im Rahmen eines originären Besitzerwerbes. Der Finder einer Sache nimmt diese bewusst in Besitz und hat dabei einen Besitzbegründungswillen bzgl. der gefundenen Sache (Westermann/Staudinger, Rn. 31). Grundsätzlich lässt sich damit festhalten, dass der unmittelbare Besitz nicht von dem Bestehen eines konkreten Besitzbegründungswillens abhängt, es reicht vielmehr ein allgemeiner Besitzbegründungswillen bzgl. aller Sachen, die in den Herrschaftsbereich gelangen. Wann dies der Fall ist, richtet sich nach h.M. (Wellenhofer, § 4 Rn. 8) nach der allgemeinen Verkehrsanschauung.

Aufgrund der höheren Prüfungsrelevanz soll vertieft nur auf den Anspruch aus § 861 BGB eingegangen werden.